Schwierige Regierungsbildung - An der deutschen Wirtschaftsmisere wird die Wahl nur wenig ändern
Handlungsbedarf bei Infrastruktur und Energie, ...
Bei einem Blick auf die Unterkomponenten des Index zeigt sich, dass Deutschland bei zwei Bereichen, die häufig als dringende Problemfelder genannt werden, nicht am Ende der Tabelle, sondern eher im Mittelfeld platziert ist: Bei der Infrastruktur und bei Energie. Dabei wirkt sich die in vielen Bereichen noch vorhandene Substanz positiv aus. So wird das Ergebnis im Bereich der Energie durch die bisher sehr hohe Versorgungssicherheit positiv beeinflusst, wo Deutschland den Spitzenplatz einnimmt. Bei den Strompreisen hängt das Ergebnis sehr stark vom Verbrauch des jeweiligen Unternehmens ab. Insbesondere bei energieintensiven Unternehmen sind die Kosten deutlich höher als in einer Reihe von anderen Ländern, wobei die Unterschiede zu den USA größer sind als zum Durchschnitt der europäischen Länder.
Der Unterpunkt Infrastruktur profitiert zum einen davon, dass hier auch Faktoren wie die Rechtssicherheit und eine weitgehend funktionierende Korruptionskontrolle berücksichtigt werden. Aber auch die Transportinfrastruktur im engeren Sinne schneidet besser ab als mancher wohl erwarten würde. Zwar wird der Zustand eher schlecht beurteilt, was aber teilweise durch die gute Erschließung ausgeglichen wird.
Dies heißt nicht, dass es in diesen Bereichen keinen Handlungsbedarf gibt. Denn ohne Investitionen in das Stromnetz und Reservekapazitäten bei den Kraftwerken könnte die Versorgungssicherheit bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien gefährdet werden, und ohne Investitionen in die Transportinfrastruktur dürfte deren Verfall die prinzipiell gute Erschließung der Regionen mehr als ausgleichen. Die größten Schwachpunkte des Standorts Deutschland liegen aber nach der Studie woanders.
... aber wesentlich dringender bei Steuern, Arbeitskosten und Regulierung
Denn der Abstieg in der Rangliste liegt in erster Linie an drei anderen Bereichen, bei denen Deutschland inzwischen sehr schlecht abschneidet: Bei den Steuern, den Arbeitskosten/Humankapital sowie der Regulierung. Dabei liegt dies nicht unbedingt an einer absoluten Verschlechterung der Situation in Deutschland, sondern darin, dass andere Länder gehandelt haben, die deutsche Regierung aber nicht. So haben in den vergangenen Jahren viele Länder die Steuersätze für Unternehmen gesenkt, während sie in Deutschland unverändert blieben.
Werden die Schwächen nach der Wahl angegangen?
Einige der in dieser Studie identifizierten Schwachpunkte werden in den meisten Wahlprogrammen auch an prominenter Stelle genannt. So wollen die meisten Parteien die Energiekosten senken, mehr in die Infrastruktur investieren und die Bürokratie abbauen. Bei dem „wie“ gibt es aber häufig Unterschiede. So wollen viele Parteien kurzfristig die Stromsteuer senken und die bisher in den Strompreisen enthaltenen Netzkosten auf den Staat überwälzten. Allerdings gibt es durchaus Unterschiede bei den Vorstellungen, wie die Strompreise langfristig durch einen Ausbau des Angebots verringert werden können.
Beim Bürokratieabbau dürfte es deutliche Meinungsunterschiede geben, welche Regulierung entbehrlich ist. Nicht umsonst steht dieser Punkt schon seit vielen Jahren in den Wahlprogrammen, und trotzdem hat sich die Situation bis zuletzt verschlechtert.
Zwei der Schwachpunkte im Standortranking werden hingegen von einem Teil möglicher Regierungsparteien nicht als vordringlich angesehen. So fordern SPD und Grüne zwar eine Entlastung niedrigerer Einkommen, den Spitzensteuersatz wollen sie aber eher erhöhen, was auch viele Unternehmen treffen würde. Ein niedrigerer Körperschaftssteuersatz steht bei ihnen, anders als bei CDU/CSU und FDP, nicht auf der Tagesordnung. Dagegen wollen sie den Standort Deutschland für Unternehmen unter anderem durch eine Prämie für Investitionen – also Subventionen – attraktiver machen.
Stiefmütterlich behandelt werden in den Programmen wichtige Aspekte des Themas „Arbeitskosten und Humankapital“. Zwar fordern alle Parteien mehr Ausgaben für Bildung, die sich allerdings wohl nur langfristig positiv auswirken würden. Zu den hohen Arbeitskosten findet sich allerdings nur wenig in den Programmen. Zwar wollen sich CDU und CSU bei den in den letzten zwei Jahren deutlich gestiegenen Sozialversicherungsbeiträgen „wieder auf die 40% hinbewegen“. Konkrete Vorschläge hierfür gibt es aber kaum. Auch bei Grünen und SPD spielen die hohen Arbeitskosten als Probleme für die Wirtschaft praktisch keine Rolle. Vielmehr soll der Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde angehoben werden, und die versprochene Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens würde die Beiträge zur Rentenversicherung wegen der demographischen Entwicklung in den kommenden Jahren deutlich steigen lassen.