Faeser führt wohl schon Verhandlungen für Abschiebungen nach Afghanistan – aber nicht mit den Taliban
In der Debatte über Abschiebungen nach Afghanistan hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser ihre Zustimmung erneut bestätigt. Dabei sollen die Nachbarländer Afghanistans eingebunden werden.
Berlin – Das Bundesinnenministerium führt nach einem Spiegel-Bericht Gespräche mit dem afghanischen Nachbarstaat Usbekistan über die Abschiebung von Afghanen aus Deutschland. Dadurch verhindert das Ministerium es, direkte Absprachen mit den radikal-islamistischen Taliban in Kabul treffen zu müssen. In der letzten Mai-Woche reiste eine Delegation aus dem Haus von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in die usbekische Hauptstadt Taschkent, berichtete das Nachrichtenmagazin weiter.
Die Delegation schlug der usbekischen Regierung vor, afghanische Abschiebekandidaten nach Taschkent zu bringen. Von dort sollten sie mit der privaten Fluggesellschaft „KamAir“ weiter nach Kabul gebracht werden. Nach dpa-Informationen wurde zuletzt erwogen, für den Flug von Deutschland nach Usbekistan eine Charter-Gesellschaft mit Sitz in Rumänien zu beauftragen.
Abschiebungen nach Afghanistan – Usbekistan verlangt wohl Migrationsabkommen
Die usbekische Regierung signalisierte laut dem Bericht ihre Bereitschaft, bei den Abschiebungen als Transit-Land zu agieren. Allerdings möchte sie vor einem entsprechenden Deal noch ein formelles Migrationsabkommen mit Deutschland unterzeichnen, das die Einreise von usbekischen Fachkräften nach Deutschland regeln soll. Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), wird kommende Woche zu Gesprächen über ein solches Abkommen nach Usbekistan reisen.
Vor allem Politiker der Grünen hatten sich in den vergangenen Tagen kritisch zu der Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Afghanistan geäußert. Als Grund dafür wurden vor allem die fehlenden diplomatischen Beziehungen zu den Taliban herangeführt. Anton Hofreiter (Grüne) sagte in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“, die Bundesregierung dürfe nicht mit einer „islamistischen Terrorbande“ verhandeln. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte derweil auf Schweden verwiesen, wo im letzten Jahr mehrere Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden. Schweden brachte die Personen ebenfalls über Usbekistan zurück nach Kabul.
Scholz fordert Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien
Als Reaktion auf die tödliche Messerattacke in Mannheim hatte Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. „Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen“, sagte der SPD-Politiker im Bundestag. Weiter fügte er hinzu: „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren.“ Das Bundesinnenministerium arbeite an der praktischen Umsetzung und sei bereits mit den Nachbarländern Afghanistans im Gespräch, kündigte Scholz an.
Auswärtiges Amt äußert Bedenken gegen Abschiebungen von Afghanen über Nachbarländer
Laut dem Spiegel steht das Auswärtige Amt, das die Verhandlungen durch den deutschen Botschafter in Usbekistan begleite, den Abschiebungen von Afghanen dennoch kritisch gegenüber. Dies gilt auch, wenn die Abschiebungen über ein Nachbarland erfolgen sollen. Der Grund dafür sind Befürchtungen, dass die Abgeschobenen in ihrer Heimat Repressalien ausgesetzt sein könnten. Deutschland hatte die Abschiebungen nach Afghanistan kurz vor der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 gestoppt, und dieser Stopp besteht bis heute fort. (dpa/jek)