Das kennzeichnet die Politik unserer Grünen-Außenministerin: wetterwendisch, windgemäß. Erst hü, dann hott, keine klare Linie. Ihren hyperängstlichen und teils ideologischen Bürokraten nahezu hörig. Kenntnisarm, eitel, geschwätzig und populistisch. Nicht einmal, wie angekündigt, „feministisch“.
Trauriger Höhepunkt des Zick-Zacks von Annalena Baerbock ist ihre Nahostpolitik. Erst unterstützte sie Israels Reaktion auf die Mord-und-Blut-Orgie der Hamas vom 7. Oktober 2023 nahezu vorbehaltlos.
Die Hamas bietet der Welt die moderne Version von Menschenopfern
Zurecht wies sie anfänglich darauf hin, dass die Zahl ziviler Opfer bei den Palästinensern die unumgängliche Folge der Hamas-Unmenschlichkeit war. Um nämlich die israelischen Soldaten davon abzuschrecken, ihre militärischen Ziele anzugreifen, stationiert die Hamas Waffen und Kämpfer in zivilen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten oder Moscheen. Das soll Israels Bevölkerung und vor allem die Außenwelt so sehr erschüttern, dass durch Druck von innen und besonders außen der von Hamas und dem Iran aufgezwungene Anti-Terror-Verteidigungskrieg der tatsächlich wenig sympathischen Regierung Israels jegliche Unterstützung verliert.
Im Klartext: Die Hamas missbraucht die eigene Bevölkerung als Kanonenfutter. Noch präziser: Hamas bietet der Welt die moderne Version vorzivilisatorischer Menschenopfer.
Baerbock fürchtet, mit Nahost-Politik ihre Kernwählerschaft zu verlieren
Anfangs schien das Frau Baerbock erkannt zu haben, auch wenn sie dieses Faktum nicht so klar benannt hatte. Doch welt- und deutschlandweit, besonders in grünennahen Kreisen von Kunst, Kultur, „Wissenschaft“ und zahlreichen Medien, wurde jenes Faktum aus ideologischen, propagandistischen oder schlicht antisemitischen Gründen verkannt, verschwiegen, total verdreht und polemisch gegen Israel instrumentalisiert. „Völkermord“ heißt die Vokabel.
Das bedeutet: Erst recht nach den jüngsten Wahl- und Führungskatastrophen ihrer Partei fürchtet Frau Baerbock, nunmehr sogar den Kern der Grünen-Wählerschaft zu verlieren. Alarmglocken, es brennt im Grünen-Haus. So sehr, dass selbst ihr außenpolitisch besonnener Partei-„Freund“ Robert Habeck mit Frau Baerbock im Bundessicherheitsrat die Zustimmung für weitere Waffenlieferungen an Israel mit einer Forderung verknüpfte: Israel dürfe diese Waffen für keinen Völkermord einsetzen.
Die Ampel steht in der unguten Tradition von Brandt und Scheel
Das ist genau die Vokabel, die besonders der Grünen-Klientel zugeworfen werden muss, um nicht in den Abgrund politischer Bedeutungslosigkeit zu stürzen. Gerechtigkeitshalber sei erwähnt, dass weniger Habeck der Treiber war als Frau Baerbock sowie die traditionell eher antiisraelische Bürokratie des Auswärtigen Amtes sowie die Staatssekretärsebene Habecks. Die parteipolitische Not scheint so dramatisch, dass Habeck mitzog, um sein parteipolitisches Ziel – die Kanzlerkandidatur – nicht zu sabotieren. Führungsstärke sieht anders aus.
Ein kurzer Blick zurück: Von 1957 bis 1964 lieferte die Bundesrepublik unter Konrad Adenauer und Ludwig Erhard (beide CDU) sowie Franz Josef Strauß (CSU) Israel ohne das Wort-Tamtam von „Staatsräson“ lebenswichtige Waffen. Das änderte sich mit Willy Brandt (SPD) und Walter Scheel (FDP). Am 6. Oktober 1973 wurde Israel von Ägypten und Syrien überfallen. Die Auslöschung des jüdischen Staates drohte. Die USA wollten Israel über Deutschland Waffen liefern. Nein, sagten Brandt und Scheel. In dieser Tradition steht jetzt die Ampelregierung.
Südafrikas „Völkermord“-Klage war Wahlkampfstrategie
Unsere Außenministerin ist bekanntlich keine Juristin, doch sie komme, so ihre Selbstdarstellung, „vom Völkerrecht“. Klartext: Amateurliga jenes Faches. Profis zuhauf bieten ihr im Auswärtigen Amt ihre Dienste an. Allerdings halten sich die meisten dieser Fachleute, abgesehen von ihrer Israel-„Liebe“, ans Völkerrecht mehr formal als dessen Geist gemäß. Diese These muss belegt werden.
Wir wissen: Südafrika hat Israel vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag angeklagt. Der Vorwurf: Der angebliche „Apartheid-Staat Israel“ begehe einen „Völkermord“ gegen die Palästinenser. „Apartheid, Völkermord und Kolonialismus durch Israel“ – diese unheilige Dreieinigkeit der bis über die Halskrause korrupten und unfähigen Nachfolger des großartigen Nelson Mandela. Dass diese Begriffe in Südafrika politisch nützliche Instrumente sind, leuchtet jedem ein, der Südafrikas Geschichte bis zum Ende der Apartheid 1994 kennt.
Dass weit weg von Israel, auch in Südafrika, nur Propagandisten oder Ahnungslose behaupten, Israel bestehe aus jener unsäglichen Dreiheit, überrascht nicht. Um sich an der Macht zu halten, setzte Südafrikas Regierung kurz vor den kritischen Mai-Wahlen dieses Jahres vor dem UN-Gericht einmal mehr auf diese Karte. Trotz erlittener Verluste ging diese Strategie auf.
Der wirre Israelkurs hat Methode
Was Apartheid, Völkermord und Kolonialismus (AVK) angeht, sind Demokraten im Westen zurecht sensibel und geschichtsbewusst. Aber auch das schützt nicht immer vor Dummheit oder Kenntnislosigkeit. Deshalb lassen sich viele im Westen sowie im sogenannten Globalen Süden – besonders aus Kultur, Kunst, Wissenschaft und Medien – einreden, dass Israel heute der dreifache AVK-Teufel wäre.
Wieder schließt sich der Kreis: National und international würde Frau Baerbock Grünen-Potential vor den Kopf stoßen. Ihr scheinbar wirrer Israelkurs hat Methode. Der moralische Preis ist immens, denn: Völkerrechtlich, formal, steht jede bundesdeutsche Regierung in der Nachfolge des Dritten Reiches. Dieses steht für den sechsmillionenfachen Völkermord an den Juden.
Heute unterstellt der Nachfolgestaat der Mörder dem Staat der Opfer „Völkermord“, indem es von Jerusalem eine Erklärung verlangt, künftig von Deutschland gelieferte Waffen „für keinen Völkermord“ einzusetzen. Ist das Deutschlands neue Politik „Gegen das Vergessen“? „Nie wieder“ ist jedenfalls nicht jetzt bei Frau Baerbock und ihren Ministerialbeamten.
Unsere Regierung macht sich stark für Recht ohne Ethik
Kein Ende von Doppelmoral und Heuchelei. Ortegas sandinistisches Nicaragua ist eines der vielen traurigen Beispiele dafür, dass sogenannte Befreiungsbewegungen nach ihrer Machtergreifung ihrerseits brutale Unterdrücker wurden. Legion sind die Belege für andere Tragödien dieser Art in der postkolonialen Welt: Nichtweiße Unterdrücker wenden die Lehren ihrer weißen Vorgänger an. Aber der Nimbus der „Befreier“ bleibt. Auch bei Nicaragua.
Dessen Diktator Ortega flankiert vor dem UN-Gericht seine südafrikanischen Kollegen. Er verklagte Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord durch Waffenlieferungen an Israel. Um Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof zu entlasten, drängt der Ministerialapparat im Auswärtigen Amt seine Chefin, jene „Beihilfe“ einzustellen. Sie hatten Erfolg. Auch bei Kanzler Scholz und Robert Habeck.
Das alles bedeutet: Jenseits der Frage „Pro oder Contra Israel/Palästina“ sind wir Zeugen eines fundamentalen Verstoßes gegen, den Geist des Gesetzes, genauer: des Völkerrechts. Gegen dessen Ethik. Das wiederum bedeutet: Unsere Regierung macht sich stark für Recht ohne Ethik. Deutschland hat die Wahl.