Lesekrise in Deutschland - Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen - So helfen Sie Ihrem Kind
Die IGLU-Studie 2023 zeigt: Jeder vierte Viertklässler in Deutschland hat Probleme beim Lesen. Schulen konnten den Abwärtstrend bisher nicht stoppen. Pädagogin Viola Patricia Herrmann betont, wie wichtig tägliches Vorlesen ist, um die Lesefähigkeit und Entwicklung von Kindern zu fördern.
Jeder vierte Viertklässler in Deutschland kann nicht richtig lesen, so das Ergebnis der IGLU-Studie von 2023. Insgesamt lesen deutsche Grundschulkinder deutlich schlechter als noch vor 20 Jahren: 2001 hatte nur jedes sechste deutsche Viertklässlerkind Probleme mit dem Lesen, 2016 war es jedes fünfte und 2021 schon jedes vierte.
Das heißt konkret: Jedes vierte Kind kann nach vier Grundschuljahren nicht richtig lesen und erreicht nicht das Mindestniveau beim internationalen Standard. Dieses wird als Voraussetzung gesehen, um die Anforderungen im weiteren Verlauf der Schulzeit bewältigen zu können.
Die Gründe für schlechte Lesekompetenz sind vielfältig. Während die Schule als Bildungsinstitution den Abwärtstrend bisher nicht stoppen konnte, können Eltern selber die Lesefähigkeit ihres Kindes effektiv fördern. Vorlesen ist Qualitätszeit für Eltern und Kinder. Es wirkt sich sowohl auf die geistige Entwicklung eines Kindes, als auch auf seine emotionale Reife aus.
Schon 10 Minuten am Tag Vorlesezeit können einen großen Unterschied darin machen, wie Kinder ihre persönliche Kompetenz bewerten und sich das Meistern von Herausforderungen zutrauen. Und natürlich macht Vorlesen auch einfach Spaß, denn was gibt es schöneres, als nach einem langen Tag gemeinsam zu kuscheln und eine Geschichte zu lesen?
Über Viola Patricia Herrmann

Viola Patricia Herrmann ist Bildungsexpertin, Podcasterin, Autorin und Mutter von vier Kindern. Ihre langjährige Berufserfahrung als Lehrerin teilt sie bundesweit auf Radio Teddy und BB Radio, in TV-Formaten und Fachmagazinen. In ihren Podcasts „Hey diggies! So geht Lernen heute!“ und „Prominente für Bildung“ spricht sie mit Experten und bekannten Persönlichkeiten über aktuelle Bildungstrends.
5 Gründe fürs Vorlesen
Eltern können bereits im Babyalter damit anfangen, ihren Kindern vorzulesen. Sie reagieren schon dann auf die Stimmlage und entspannen in der Gegenwart des Elternteils. Je älter das Kind wird, umso mehr kann es in den Leseprozess mit eingebunden werden. Sei es, indem Fragen über das eben Gehörte gestellt werden, oder es vielleicht schon kurze Worte selber lesen kann.
Vorlesen hat keine Altersgrenze - weder für Kinder, noch für Erwachsene! Hier kommen 5 gute Gründe, warum Lesezeit immer gut investierte Zeit für die ganze Familie ist:
- Vorlesen vermittelt Geborgenheit und fördert die familiäre Bindung. Besonders nachhaltig ist die Vorlesezeit für Kinder, wenn es beim Vorlesen Körperkontakt gibt. Die positiven Emotionen werden unmittelbar mit dem Lesen verknüpft und tragen langfristig zu gesteigerter Lesefreude bei.
- Vorlesen hilft bei der Bewältigung von Konflikten. In der Vorlesesituation haben Kinder die ungeteilte Aufmerksamkeit des Elternteils. Dadurch können sie leichter von ihren Sorgen und Ängsten erzählen oder den Tag verarbeiten. Darüber hinaus können Bücher, die aktuelle Themen behandeln (ein neues Geschwisterchen, Einschulung, Kindergarten oder ähnliches) bei der Bewältigung schwieriger Situationen helfen.
- Vorlesen trainiert die Konzentration. Laut einer Studie der New York University können sich Kinder besser konzentrieren und fallen seltener durch Hyperaktivität auf, wenn ihnen früh viel vorgelesen wurde. Wichtig ist dabei, das Kind möglichst viel in den Leseprozess einzubinden, zum Beispiel durch Fragen und Interaktion mit dem Gelesenen.
- Vorlesen unterstützt das logische Denken und das Erinnerungsvermögen. Kinderbücher verknüpfen Bild und Text und haben oft zusätzliche spielerische Elemente. Kinder lernen, die unterschiedlichen Elemente in eine Beziehung zueinander zu setzen und trainieren beim wiederholten oder längeren Vorlesen ihr Gedächtnis.
- Vorlesen schult das Einfühlungsvermögen. Durch das Hineinversetzen in verschiedene Perspektiven entwickeln Kinder mehr Verständnis für andere Menschen. Das hilft beim sozialen Miteinander in Kindergarten und Schule. Durch das Vorlesen lernen Kinder, dass Menschen unterschiedliche Gefühle haben können, und sie erfahren, wie diese Gefühle in verschiedenen Situationen zum Ausdruck kommen. Dies hilft ihnen, die Gefühle, Gedanken und Motivationen anderer zu verstehen, was ein grundlegender Bestandteil von Empathie ist.
Insgesamt ist Vorlesen eine einfache, aber äußerst wirkungsvolle Aktivität, die sowohl die kognitive als auch die emotionale Entwicklung von Kindern fördert. Es lohnt sich, täglich Zeit dafür einzuplanen!
"Mein Kind wird Schulkind: Elternratgeber für einen gelungenen Schulstart" von Viola Patricia Herrmann
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