"Die Zeit verging wie im Flug, wir bräuchten mehr Zeit", erklärt Jessy Wellmer nach 60 Minuten "Arena: Ihre Fragen an Friedrich Merz". Bundeskanzler Friedrich Merz und 150 Zuhörer waren ins ARD-Studio eingeladen. Die Idee des offenen Talks war es, dass "normale" Bürger ihrem Kanzler allerlei Fragen zur Befindlichkeit des Landes, zu konkreten Ergebnissen der Regierungstätigkeit und zu ihrer eigenen Zukunft, etwa als Arzt, Soldat oder Gastronom, stellen konnten.
Kleine und große Krisen gibt es ja gerade genug in diesem Land. Es war also eine Menge aufzuarbeiten. Es war zu erwarten, dass sich in den Gästen eine Menge Ängste aufgestaut haben dürften. Gut, dass dieses TV-Format mit Wellmer und Louis Klamroth gleich zwei Moderatoren vorsah, die den Kanzler bei verbalen Ausflüchten immer wieder auf das Thema zurückführen konnten. Aber halt: Gab es Moderatoren?
Klamroth taucht bei Merz-Befragung einfach ab
Wellmer hatte sich immerhin bemüht, die Diskussion hier und da mal zu steuern. Leider kam sie über Sätze wie "Noch mal zum Thema, wo wir gerade in der Ecke sind" und "Machen wir weiter mit einem neuen Thema" selten hinaus. Noch weniger hilfreich waren ihre Kommentierungen. "Gute Frage" und "Israel ist ein großes, weites Thema" brachten den Abend nicht wirklich nach vorne.
Kollege Klamroth tauchte zwischenzeitlich gleich ganz ab. Über weite Strecken übernahm Wellmer das Kommando. In seinem grünen Anzug gerierte sich Klamroth zwar modern, wirkte in der Arena aber eher wie der Platzanweiser für die Zuschauer denn als Steuermann der Diskussion.
Dabei hätte dieser Abend zumindest einen Moderator nötig gehabt, der die Flut der Themen ordnet. Alles rauschte ohne Tempowechsel, kurzes Innehalten oder Gewichtung vorbei: Wehrpflicht, Gesundheit, Rente, Infrastruktur, Pflege, Fachkräftemangel, Migration, Gastronomie, Ärztemangel auf dem Land, Hebammenentlohnung, Witwenrente, Bürokratieabbau.
Die Moderatoren wollen nur flankieren
Bevor Klamroth als Moderator an diesem Abend schwieg, erwähnte er früh in der Sendung gegenüber Kanzler Merz die Techniker Krankenkasse, die die größte Krankenkasse Deutschlands sei und als solche 2026 die Beiträge erhöhen will. "Langsam, Herr Klamroth!", konterte Merz mit einem feinen Lächeln im Gesicht und machte gleich einen Punkt. "Wir wollen nächste Woche die Steigerung verhindern und die TK ist auch nicht die größte." Das nämlich ist die AOK.
Vielleicht haben es sich die Moderatoren etwas zu leicht gemacht. Sie wollten offenbar nur flankieren. Die Fragen hatten ja die Gäste. Und genauso hatte Wellmer auch die Show eingeleitet: "Sie alle haben drängende Fragen an diesen Mann". Doch schon bei der ersten Frage war klar, dass es ohne substanzielle Hilfe der Moderatoren nicht funktionieren würde.
Da fragte ein Mann tatsächlich: "Sie haben Olaf Scholz mal als Klempner der Macht bezeichnet. Wie würden Sie sich selbst bezeichnen?" Merz meinte: "Maurer, Gärtner." Klamroth ergänzte: "Vielleicht Notfallsanitäter, wegen des Stresses in der Regierung." Erkenntnisgewinn: null.
Eine Arena ist ein Kampfplatz – und kein Sitzkreis
Dieser Abend hätte eine Beschränkung der Themen gebraucht und ein Moderatoren-Duo, das wirklich leitet und einordnet – und auch mal in die Plaudereien des Kanzlers hineingrätscht und im besten Sinne Widerspruch leistet.
Wenn der Kanzler beim Thema Gastronomiesterben erklärt, er gehe "abends gerne in eine Gaststätte, esse ein Schnitzel und trinke ein, zwei Bier", dann ist das noch keine Politik. Wenn er zu seiner politischen Vision befragt wird, ist des Kanzlers Hinweis, er wolle ein Land, "das sich den Wohlstand wieder erarbeitet und sich mal wieder anstrengt", reichlich dürftig. Und die Idee, der Abbau der Bürokratie könne den Ärztemangel auf dem Land erheblich lindern, weil sich der "Arzt dann mehr um den Patienten kümmern kann", statt Formulare auszufüllen, bedarf wohl auch einiger hartnäckiger Nachfragen seitens der Moderatoren.
Für das Arena-Format bedeutet das: zu viele Themen, zu wenig Zeit und zwei Moderatoren, die die Sache allzu oft einfach laufen ließen. Dieser Talkabend war ausbaufähig. Für eine Town-Hall-Show braucht es gut vorbereitete Moderatoren mit Charisma. Eine Arena ist ein Kampfplatz – und kein Sitzkreis zum unwidersprochenen Plaudern.