Dieses Kurbad in Baden-Württemberg zog einst internationale Berühmtheiten an. Jetzt verfällt die Anlage – wieso wurde sie aufgegeben?
Bad Rippoldsau-Schapbach – Zuletzt sorgte die Schwarzwaldklinik im baden-württembergischen Kreis Freudenstadt für unschöne Schlagzeilen: Einbrüche und Vandalismus prägen das Bild des verlassenen Komplexes. Die Anlage steht seit 14 Jahren leer. Es ist das Ende einer langen Rippoldsauer Erfolgsgeschichte.
Sie begann im 12. Jahrhundert. Damals entdeckten Mönche die Heilkraft der hiesigen Quellen, die Bad Rippoldsau über die Jahrhunderte in einen bedeutenden Bäderort verwandelten.
Promi-Dichter machten das Kurbad weltberühmt
Im Jahr 1777 pachtete eine Familie Goeringer eine Anlage in dem Kurort, die sich „Mineral- und Moorbad“ nannte. Später sollte daraus die Schwarzwaldklinik hervorgehen. Doch zunächst, im 19. und bis zur Wende zum 20. Jahrhundert, zog das Bad als familienbetriebene Einrichtung weltbekannte Künstler und Geistesgrößen an. Komponist und Pianist Johannes Brahms suchte dort Erholung und Heilung, ebenso die Schriftsteller Victor Hugo und Rainer Maria Rilke. Letzterer schrieb begeistert: „Ich habe während zwei Jahren keine ländlichen Sommertage gehabt, so dass mich in den Rippoldsauer Wäldern alles rührt, erstaunt und erfreut. Das Glücklichste aber sind die lauteren Quellen: Kaum bleibt eine zurück, so rauscht schon die nächste rein ins Gehör.“ Die hochkarätigen Gäste verschafften dem noblen Kurbad internationale Aufmerksamkeit.
Doch diese glorreichen Zeiten endeten zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) brachte den Kurbetrieb urplötzlich zum Erliegen. Der Wiederbeginn ging mühsam voran. Wegen der ständig sinkenden Besucherzahlen verkauften die Goeringers 1922 ihre Anteile an dem Besitz, der inzwischen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war. Allerdings erwischte die Familie einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn durch die Inflation war ihr Erlös minimal.
Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 gab es häufige Betreiberwechsel. Erst nutzte ein Fortbildungsseminar die Gebäude, dann besetzten sie die Franzosen, anschließend zog kurzzeitig die Caritas ein und schließlich übernahmen Ordensschwestern die Anlage.
Erst blieben die Gäste weg, dann ging die Klinik auch noch in Flammen auf
1977 schließlich eröffnete ein Rehazentrum in den Gebäuden: die Rippoldsauer Schwarzwaldklinik. Viele historische Häuser waren inzwischen praktischeren Gebäuden gewichen. Doch die neue, großflächige Anlage konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur noch wenige Gäste kamen: Zum einen war der Betrieb nun so „rationalisiert, betoniert“, wie der Orts-Chronist Adolf Schmid 1979 schrieb, dass er wohl nicht mehr so „behaglich“ und „liebenswert“ sei wie das „alte Bad“. Zum anderen hatte der Wettbewerb der Kur- und Badeorte zugenommen und machte dem traditionsreichen Haus zu schaffen.
Diagnose: Hoffnungslos
1998 brach auch noch ein Großbrand in der Klinik aus, dessen Ursache bis heute unklar ist, und den zu löschen 260 Einsatzkräfte bis zum nächsten Tag brauchten. Zum Glück überlebten alle Patienten. Doch der Wiederaufbau des Krankenhauses kostete 13 Millionen D-Mark. Die Folge: Nach 2004 musste die Aktiengesellschaft 2011 zum zweiten und letzten Mal Insolvenz anmelden.
Wo sich einst Patienten von ihren Operationen erholten, wachsen heute Bäumchen auf dem Dach: Die Schwarzwaldklinik ist jetzt ein „Lost Place“: Auf ihren 30.000 Quadratmetern, das entspricht über vier Fußballfeldern, herrscht Stille – wenn die Polizei nicht gerade eine illegale Saufparty auflösen muss.
Viele „Lost Place“-Fans kommen übrigens mit einer falschen Vorstellung: Entgegen der weit verbreiteten Annahme wurde die beliebte Fernsehserie „Die Schwarzwaldklinik“ nicht dort gedreht; „Professor Brinkmann war nie hier“, betitelt Benedikt Grimmler seinen Bericht über das Krankenhaus in dem Buch „Lost & Dark Places Schwarzwald“. Haupt-Filmkulisse der legendären Seifenoper (1985-1989) war vielmehr der Carlsbau im Glottertal im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald.
Sie interessieren sich für „Lost Places“? Hier geht es um ein Krankenhaus in Baden-Württemberg, das auf dem besten Weg ist, zu so einem verlassenen Ort zu werden; und hier hat unsere Redaktion über eine Siedlung in dem Bundesland berichtet, die schon im 17. Jahrhundert aufgegeben wurde.