Jobcenter zahlt unpünktlich: Warum der Vermieter fristlos kündigen darf

Eine Hamburger Vermieterin hatte ihrer Mieterin und deren zwei erwachsenen Töchtern fristlos gekündigt. Die Familie zahlte ihren Mietanteil zum Großteil über das Jobcenter, doch die Leistungen kamen regelmäßig verspätet an. Mehrfach blieben Teilbeträge offen, teilweise über Wochen. Die Vermieterin mahnte ab, leitete ein Mahnverfahren ein und kündigte der Mieterin schließlich fristlos.

Vor dem Amtsgericht bekam sie Recht, das Landgericht Hamburg hob das Urteil jedoch auf: Die Mieterin trage keine Schuld, da das Jobcenter nicht als ihr „Erfüllungsgehilfe“ gelte. Deshalb sei eine Kündigung unzulässig. Der Streit landete vor dem Bundesgerichtshof mit einem für Vermieter wie Mieter wichtigen Signal.

Auch ohne Verschulden kann verspätete Zahlung zur Kündigung führen

Der BGH (Aktenzeichen VIII ZR 173/15) kassierte die Entscheidung des Landgerichts. Die Richter betonen: Auch wenn das Jobcenter nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters ist, und dessen Verschulden dem Mieter damit nicht zugerechnet wird, kann allein die „unregelmäßige Mietzahlung“ ein Kündigungsgrund sein.

Entscheidend sei die Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls. Eine fristlose Kündigung könne auch dann zulässig sein,

  • wenn zahlreiche Verspätungen auftreten,
  • wenn erhebliche Beträge oder lange Verzögerungen vorliegen,
  • wenn der Vermieter wirtschaftlich auf pünktliche Mieteinnahmen angewiesen ist (zum Beispiel wegen Kreditraten),
  • oder wenn ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand entsteht, weil Mietanteile in Etappen eingehen.

Besonders relevant im verhandelten Fall: Der Mieterin wurde bereits zuvor wegen Mietrückstands gekündigt, die Kündigung wurde nur durch eine Schonfristzahlung unwirksam. Mehrfach verspätete Zahlungen kurz danach sind daher stärker ins Gewicht gefallen.

War Mieter um pünktliche Zahlung bemüht?

Ein weiterer wichtiger Punkt des Gerichts: Sobald feststeht, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, wird ein Verschulden des Mieters grundsätzlich vermutet. Wer staatliche Leistungen erhält, ist davon nicht automatisch entlastet. Die Mieterin müsse vielmehr nachweisen, dass sie alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig eingereicht, Zahlungen fristgerecht beantragt und bei Verzögerungen das Jobcenter nachweislich zur pünktlichen Zahlung gedrängt habe. Das ist insbesondere der Fall nach einer Abmahnung, in der bereits eine Kündigung angedroht wird.

Ob die Hamburger Mieterin diese Anforderungen erfüllt hatte, hatte das Landgericht gar nicht erst geprüft – ein Rechtsfehler, wie der BGH feststellt.

Fazit: Jobcenter sind kein Schutzschild für Mieter

Das Jobcenter ist also kein Erfüllungsgehilfe des Mieters, aber wenn die verspäteten Zahlungen für Vermieter unzumutbar werden, kann eine fristlose Kündigung trotzdem zulässig sein. Das gilt auch dann, wenn der Mieter persönlich gar nichts dafür kann.

Was bedeutet das Urteil für Mieter und Vermieter?

Für Mieter:

  • Leistungen des Jobcenters schützen nicht vor Kündigung.
  • Sie müssen nachweisen können, dass sie alles Zumutbare getan haben, um pünktliche Zahlungen sicherzustellen.
  • Jede Abmahnung sollte unbedingt ernst genommen werden – sofort Kontakt mit dem Jobcenter aufnehmen und dokumentieren.

Für Vermieter:

  • Verspätete Jobcenter-Zahlungen sind nicht automatisch hinzunehmen.
  • Wiederholte oder gravierende Verzögerungen können ein wichtiger Grund für eine Kündigung sein.
  • Eine sorgfältige Dokumentation und Abmahnung bleiben dennoch notwendig.