Bundesverfassungsgericht fällt erstes Urteil in Visa-Frage für Afghanen

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Ein Ex-Richter aus Afghanistan mit Aufnahmezusage versucht seit Jahren, ein Visa für Deutschland zu bekommen. Nun gibt es eine Entscheidung.

Berlin/Karlsruhe – Alexander Dobrindts (CSU) Innenministerium gewährt nur solchen Menschen Visa, die den juristischen Weg erfolgreich durchschritten haben. Das gilt auch für jene, die ein Aufnahmeversprechen erhalten haben, und die vor der Übernahme Afghanistans durch die radikalislamische Taliban für Deutschland gearbeitet oder sich für eine Demokratisierung des Landes eingesetzt hatten. Entsprechend klagen viele Menschen, die seit Jahren in Pakistan festsitzen, auf Visa-Erteilung, so auch ein ehemaliger Richter und seine Familie.

Ankunft von Afghanen mit Aufnahmezusage auf dem Flughafen Hannover
Ein Ex-Richter aus Afghanistan ging vor das Bundesverfassungsgericht für eine Einreise nach Deutschland. © Shireen Broszies/dpa

Der Ex-Richter am Obersten Gericht Afghanistans, seine Ehefrau und die vier Kinder hatten mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag in Karlsruhe eingereicht, um ein vorläufiges Visum zur Einreise nach Deutschland zu erhalten. Recht bekamen sie nur teilweise: Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete Deutschland, schnell über die Visa-Anträge zu entscheiden. Die Entscheidung habe „umgehend“ zu erfolgen, heißt es in einem am Freitag (4. Dezember) veröffentlichten Beschluss des Zweiten Senats. 

Bundesinnenministerium sieht sich nach Urteil bezüglich Visa-Erteilung bestätigt

Die 3. Kammer verwies die Sache nicht an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurück, das als Vorinstanz mit dem Fall befasst war – was die Karlsruher Richterinnen und Richter mit der „besonderen Dringlichkeit“ und der „Besonderheit“ des Falls begründeten. Bestätigt sieht sich nun das Bundesinnenministerium in seiner Annahme, „dass keine rechtsverbindliche Aufnahme für diesen Personenkreis besteht“, wie eine Ministeriumssprecherin mitteilte. Bezüglich der zeitnahen Entscheidung über die Visa-Anträge sagte sie, nach Zuleitung des Gerichtsbeschlusses „werden wir die notwendigen Schritte einleiten“.

2022 hatte das damalige Bundesinnenministerium den Ex-Richter und seine Familie in das Programm „Überbrückungsliste“ aufgenommen. Das Auswärtige Amt hatte nach Angaben des Gerichts im Juli 2025 mitgeteilt, dass keine Sicherheitsbedenken bestünden und eine Aufhebung der Aufnahmeerklärung nicht beabsichtigt sei. Den Eilantrag hatte das OVG Berlin-Brandenburg jedoch abgelehnt. 

Ex-Richter und Familie droht Abschiebung nach Afghanistan

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte drängt zur Eile. „Denn die Abschiebung nach Afghanistan in die Hände der Taliban steht bevor – und damit Lebensgefahr. Für die Betroffenen in Pakistan rennt die Zeit“, erklärte die Organisation. Die pakistanische Regierung habe bereits angekündigt, alle Menschen mit deutscher Aufnahmezusage ab Januar 2026 abzuschieben. 

„Nach drei Jahren in ständiger Angst hat die Familie immer noch keine Sicherheit vor Abschiebung und Folter“, sagte Mareile Dedekind, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. Die Organisation kündigte Rechtsmittel an, sollte die Bundesregierung die Visumsanträge ablehnen. (Quellen: dpa, eigene Recherche) (ktho)