Anton Bachhuber verkleidet sich seit 1963 als Nikolaus. Was als Streich begann, ist nun eine Tradition. Seine Auftritte sind für viele ein Highlight.
Dietfurt an der Altmühl (KNA) Es sollte bloß ein Streich sein, geworden ist es eine Lebensaufgabe: Seit mehr als 60 Jahren besucht Anton Bachhuber als Nikolaus Kinder und Senioren. Bald geht es wieder los, drum hat der 76-Jährige seine Ausstattung schon hervorgeholt: In seinem Wohnzimmer im oberpfälzischen Dietfurt an der Altmühl hängen Umhänge herum, weiße wie weinfarbene. Außerdem liegen Mitren auf dem Tisch, mit Goldbrokat verzierte Bischofsmützen. Daneben dann silberne Rauschelocken für Kopf und Kinn. Und mittendrin lässt das Licht der Deckenlampe jenes goldene Buch glänzen, aus dem der Nikolaus bei seinen Besuchen Ermahnungen und Besinnliches vorträgt.
Umhang, Mitra, goldenes Buch - all das war 1963 noch fern. Damals gab Anton Bachhuber seinen Einstand als Nikolaus. Anderen damit ein wenig Adventsglück zu bescheren, so wie heute, das hatte er seinerzeit allerdings noch nicht im Sinn.
„Früher hab ich die Milch immer beim Bauern geholt“, erzählt Bachhuber. „Da lebte ein Knecht, der hat uns Kinder ständig erschreckt.“ Eines Wintertags sann Bachhuber auf Rache. „Ich wusste: Der hat Angst vorm Nikolaus. Also hab ich mir mit Klebstoff Watte ins Gesicht gepappt und einen roten Mantel von meiner Mutter übergeworfen.“ Ergebnis: der Knecht konsterniert, der kleine Anton erfüllt von Schadenfreude. „Wie ich wieder heimging, riefen plötzlich Leute: ‚Da ist ja der Nikolaus!‘ Ein Mann nahm mich mit zu seinem Bub. 50 Pfennig hab ich bekommen. ‚Und nächstes Jahr musst‘ wiederkommen!‘, hat er gesagt.“
Einsatz als Nikolaus auch aus Mitleid mit Senioren
So nahm sie also ihren Lauf, die Nikolaus-Karriere des Anton Bachhuber. Viele Aufgaben hat er in all der Zeit übernommen, war zig Jahre Postbote und Vorsitzender im katholischen Pfarrgemeinderat. Doch die Rolle des Heiligen, die hat er am längsten inne: seit 1963 ohne Pause. Warum? „Das ist mir halt gegeben“, sagt er. „Den Menschen dadurch eine Freude zu machen.“ Er sei eben christlich aufgewachsen, Nächstenliebe ein zentraler Wert für ihn.
Der Wunsch zur guten Tat bewegte ihn auch im Winter 1974. Damals hatte in Dietfurt ein neues Altenheim eröffnet. „Da war draußen noch alles Baustelle, drinnen hingen noch keine Bilder. Ich hatte Mitleid mit den alten Leuten, die da den Heiligabend zubringen sollten.“ Also besuchte Bachhuber die Senioren als Nikolaus. Und wieder geriet eine spontane Idee zum fixen Termin: Dieses Jahr steht sein 51. Auftritt in dem Caritas-Haus an.
„Ich verlang nix dafür“, betont Bachhuber. Sicher, er bekomme oft etwas zugesteckt, darüber freue er sich. „Ich hab ja auch Unkosten.“ Für Fahrten, für Kostüme; um die Geschenke, die er überreiche, kümmerten sich die Familien und das Heim. Aber vom Geld gebe er auch immer etwas weiter, an die Christoffel-Blindenmission, eine christliche Hilfsorganisation. „Ich hab Grünen Star und der Graue ist im Anflug. Ich weiß, wie‘s ist, wenn man net recht schauen kann.“ Auch seine Nikolaus-Auftritte hätten schon körperlichen Tribut gefordert: „Drinnen warme Stuben, draußen kalter Winter - zweimal hatte ich eine Kiefernhöhleneiterung. Brutal!“
Sepsis überlebt
Selbst eine Sepsis hat Anton Bachhuber schon überlebt. Das war allerdings ein paar Wochen vor Nikolaus. „Trotzdem konnte ich einige Aufträge nicht annehmen.“ Bachhuber schluckt. „Des fallt ei‘m net leicht.“ Schließlich besuche er manche Familien schon in der dritten Generation, eine komme sogar extra aus Frankfurt, damit die Kinder den altbewährten Dietfurter Nikolaus erleben könnten.
Was ist denn das Besondere am Bachhuber-Heiligen? Vielleicht, dass er sich nicht nur zum 6. Dezember engagiert. Vielmehr kennt man ihn in zig Vereinen und kommunalen Gremien. Vielleicht strahlt da etwas von jenem christlichen Antrieb aus ihm heraus, der sich in seinem Haus an Herrgottswinkel, Weihwasserbecken und Heiligenbildchen erahnen lässt. „Des kommt einfach von innen heraus“, sagt Bachhuber über seine Art, den Nikolaus zu geben. Sein Credo: „Den Kindern nur keine Angst machen!“ Man spürt: Dieses stete leise Lächeln in seinem Gesicht, diese Mischung aus Schalk und Güte, die könnte ihm dabei behilflich sein.
Apropos Hilfe: Selten bringt Bachhuber seine Frau Franziska als Knecht Ruprecht mit, nur auf Extra-Bestellung, wie beide beteuern. „Ich sag dann: ‚Ruprecht, bleib stehen!‘ Und zu den Kindern: ‚Schaut, so wie der Ruprecht auf mich hört, so könnt ihr des auch.‘“ Und daraufhin seien Sachen wie Zähneputzen und Zimmeraufräumen kein Problem mehr. „Nikolaus wirkt!“
Artikel der KNA
Dieser Beitrag stammt von der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA)
Als Nikolaus Unfall auf Glatteis
Ob nun als Ruprecht oder nicht - Franziska Bachhuber ist immer mit von der Partie. Sie chauffiert den Nikolaus zu seinen Einsätzen. Und daher antwortet nun sie, nämlich auf die Frage nach dem schönsten und dem schlimmsten Erlebnis in all den Jahren.
Na ja, es sei schon mal ein Kind vor Aufregung zusammengeklappt, sagt Anton Bachhuber. „Aber das Schlimmste“, findet seine Frau, „war ein Unfall: Auf spiegelglatter Straße drehte sich das Auto plötzlich und krachte gegen eine Mauer.“ Zum Glück nur ein Blechschaden.
Und das Schönste? „Das einschneidendste Erlebnis war der Besuch bei einem pflegebedürftigen Bekannten im Altenheim“, berichtet nun wieder er. Eine Schwester habe ihm abgeraten, der bekomme eh nix mehr mit. „Ich hab zu ihm gesagt: ‚Grüß Gott, ich bin der Nikolaus!‘ Ob er mich erkennen würde? Er starrte mich an und machte so“, sagt Bachhuber, steht auf, nimmt die Hand des Reporters und klopft dabei mit einem Finger auf deren Innenseite. „‘Ba-Ba-Bachhuber‘, hat er gesagt. Die Schwester hat‘s nicht für möglich gehalten. Ein kleines Wunder. Des werd ich nie vergessen.“
Nikolaus-Stimme erkannt
Auch in Erinnerung geblieben ist ihm ein Sommerfest. „Da hörte mich ein Bub sprechen und rief: ‚Der red‘ ja genau wie unser Nikolaus!‘“ Noch mal gut gegangen, Bachhuber konnte sich aus der Affäre ziehen.
Bachhubers eigener Sohn indes - er hat zudem noch eine Tochter -, der wusste von klein auf um den Einsatz seines Vaters. „Zu unseren Kindern kamen an Nikolaus Bekannte“, sagt der Senior. Seine Frau ergänzt: „Unser Sohn hat dann immer gemeint: Bei meinen Freunden macht der Papa den Nikolaus. Aber zu mir kommt der echte.“