Aus Bausünden werden preisgekrönte Schmuckstücke: Schwestern retten ihr Elternhaus mitten in Freising

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Vorbildliches für das Stadtbild geleistet: (v. l.) Katharina Maier und Veronika Öttinger bekamen von Bernhard Reiml unter Musikklängen den Stadtbildpflegepreis überreicht. © Lehmann

Für die liebevolle Renovierung zweier historischer Häuser im Freisinger Zentrum wurden zwei Schwestern geehrt. Sie haben damit ihr Elternhaus gerettet.

Freising - „Es sind einfache, aber halt auch schöne Häuser.“ So beschrieb der ehemalige Stadtheimatpfleger Norbert Zanker die ursprünglichen Gebäude am Unteren Graben in Freising anlässlich der Verleihung des Stadtbildpflegepreises an Veronika Öttinger und Katharina Maier. „Das war das Haus meiner Eltern, da bin ich groß geworden“, erzählte Georg Maier und zeigt auf das Haus mit der Nummer 17 im Unteren Graben. Daneben im Haus mit der Nummer 19, weiß Maier, habe der Bader Hans Rückerl gewohnt. „Früher, das hat meine Oma erzählt, war in unserem Haus sogar ein Kramerladen gewesen, aber das ist freilich schon lange her“, erinnerte sich Maier, der zuerst das Elternhaus geerbt und später dann das Bader-Haus gekauft hatte.

Inzwischen gehören die aneinandergrenzenden Häuser den Töchtern von Georg Maier, Katharina Maier und Veronika Oettinger. Rund drei Jahre lang wurde fleißig gewerkelt, renoviert und saniert, bis jüngst die letzten Arbeiten abgeschlossen waren. Was sofort auffällt: Es gibt wieder Fensterläden, die für sich schon kleine Kunstwerke sind und erahnen lassen, wie einst die Gebäude wohl gewirkt haben müssen. „Es sind schlichte Fassaden, mit Fensterläden und sonst keinem Blödsinn“, lobte Bernhard Reiml, Vorsitzender der Stadtheimatpflege Freising. Der Verein zeichnete heuer bereits zum elften Mal ein herausragendes Projekt aus.

„Hier haben ja Häusl-Leute gewohnt. Arbeiter halt, in einfachen Häusern ohne Schmuck. An sich waren es arme Leute“, erklärte Zanker in seiner Laudatio. Gaststätten habe es im Unteren Graben überhaupt keine gegeben, und Gewerbe war hier kaum zu finden, wie Zanker recherchiert hatte. Er selbst konnte sich noch gut an diese Gegend erinnern, wie sie in der Zeit nach dem Krieg aussah: Über 50 Kinder seien seinerzeit im Unteren Graben herumgewuselt.

Aber es gab auch noch eine ganz andere Besonderheit für diese ungewöhnliche „Reihenhaussiedlung“, wie Zanker weiter ausführte. „Die Leute haben alle draußen gegessen. Da stand ein Bankerl neben dem anderen. Bier- und Brotsuppen hat's da gegeben. Und im Bürgerturm ging es auch zu, da war noch Leben hier“, erzählte Zanker. Allerdings sei das dann bald gekippt: Die jungen Leute zogen weg, die Alten blieben hier – der Untere Graben habe sich verändert, aber halt nicht zum Guten. Danach sei es immer wieder zu Bausünden gekommen, wie Zanker feststellen musste. Seiner Meinung nach könne die Stadt nicht gut mit dem Areal umgehen.

Was Zanker überraschte: Gerade in jüngster Zeit habe ein Umdenken stattgefunden, zögerlich zwar, aber erkennbar. „Wir sind mittendrin in einer Umgestaltung. Auf einmal sieht man wieder Fensterläden, und die Studenten bringen Grün rein“, merkte er an. „Die beiden Häuser haben eine klare Grundstruktur und sind gespiegelt“, erklärte Architekt Johannes Dantele. Zwar erscheinen die Häuser von außen klein, aber es entstehe vor allem durch die klare Struktur eine „unglaubliche Wohnqualität“. Um Lagerflächen zu schaffen, weil die Häuser nur teilunterkellert sind, wurde im Hinterhof „angebaut“. Die Häuser wurden um einen gemeinsamen Lagerraum erweitert.

Nach der Übergabe der Urkunden und der Preispokale, den Repliken des „Kersch-Rötzel-Weißbierglases“, wurde auch noch ein Fass Bier angezapft. Das allerdings wurde pur getrunken und nicht via einer Biersuppe verköstigt.