FOCUS-online-Reporter Niklas Golitschek ist vor Ort beim Prozess in Hamburg.
Wichtige Protagonisten:
- Christina Block, Angeklagte (Anwälte Ingo Bott & Paula Wlodarek)
- Stephan Hensel, Nebenkläger & Blocks Ex-Mann (Anwälte Gerd Uecker & Dr. Philip von der Meden)
- Isabel Hildebrandt, Vorsitzende Richterin im Prozess
- Gerhard Delling, Angeklagter & Blocks Partner (Anwalt Dr. David Rieks)
- Dr. Andreas C., Angeklagter & ehemaliger Familien-Anwalt der Blocks (Anwalt Marko Voß)
- Andreas P., Angeklagter & ehemaliger Zielfahnder (Anwältin Gül Pinar)
- David Barkay, mutmaßlicher Chef der Entführer der Block-Kinder
- Tal S., Angeklagter & einer der mutmaßlichen Entführer der Block-Kinder (Anwalt Dr. Sascha Böttner)
- Klara und Theodor, Kinder von Christina Block und Stephan Hensel, in der Silvesternacht entführt
- Uta B., Cousine von Christina Block
Anwalt von Tal S. greift Block an: "Mein Mandant sitzt in U-Haft, weil er arm ist"
10.52 Uhr: Sascha Böttner attackiert Block frontal. Er verweist darauf, dass Tal S. als Angeklagte ohne Arbeit wohl auch kaum eine Wohnung auf dem angespannten Hamburger Markt finden würde. "Mein Mandant sitzt jeden Tag in Untersuchungshaft, weil er arm ist", sagt er: "Wenn er Geld hätte, würde er sich ein paar Monate ins Grand Elysee einmieten." - das Familienhotel der Blocks, in dem David Barkay und die Entführer untergebracht waren.
10.47 Uhr: Die Verteidigung will den Aufruf des Zeugen verhindern. Marko Voß, Anwalt von Andreas C., kritisiert, dass er aus der Presse erfahren habe, dass eventuell noch weitere Zeugen vernommen werden. Vor der Vernehmung Barkays müssten alle Informationen auf dem Tisch liegen. "Es geht um Waffengleichheit", sagt er. Bott geht noch einen Schritt weiter und will weiterhin eine Aussetzung des Verfahrens. Ihm passe das auch nicht, trotzdem sei es angesichts der neuen Situation richtig. "Dann muss man eben neu anfangen", sagt er. Tal S. könne ein fester Wohnsitz beschafft werden, um seine Untersuchungshaft zu beenden. Dann könne der Prozess neu aufgerollt und "vernünftig" geplant werden. Der Anwalt von Tal S. will dagegen keine Aussetzung.
Richterin will Chef-Entführer aufrufen - da ergreift Block selbst das Wort
10.37 Uhr: Block richtet sich direkt an ihren Sohn Theodor. "Ich hätte alles stehen und liegen gelassen, um mit dir deinen Geburtstag zu feiern", sagt sie. Hintergrund ist, dass der Sohn am vergangenen Verhandlungstag Geburtstag hatte. Stiefmutter Astrid Have sagte, dass sie lieber feiern würde als die Vernehmung über sich ergehen zu lassen. Block greift Haves Zitat auf, dass jemand in diesem Prozess lüge: "Sie muss sich selbst gemeint haben." Denn statt mit Theo zu feiern, habe sie danach RTL ein Interview gegeben - und bei der Entziehung der Kinder 2021 geholfen. Zum Abschluss sagt sie erneut direkt an die Kinder gerichtet: "So schlimm es euch jetzt gehen mag - ich bin sicher, ihr werdet wieder gesund. Ich stehe euch immer zur Seite!"
10.30 Uhr: Richterin Hildebrandt will David Barkay aufrufen - Anwalt Voß will das beanstanden. Plötzlich ergreift Block selbst das Wort!
10.28 Uhr: Ebenfalls ungewohnt: Im Austausch tragen mehrere Anwälte Atemschutzmasken. Offenbar grassieren Viren im Saal und an einer Ansteckung besteht kein Interesse. Dafür sind die technischen Probleme offenbar behoben, sodass es nun weitergeht.
Block-Anwalt zu Zeugin: "Bestätigt, dass man ihr kein Wort glauben kann"
10.21 Uhr: Die Ausführungen zum Verhalten der Kinder nach der Entführung beschreibt Bott noch als schlüssig. Doch bei anderen Themen habe Have gestresst gewirkt. "Sie hat ein Auskunftsverweigerungsrecht, weil sie sich selbst belasten könnte", sagt Bott deutlich lauter und bestimmter als sonst. Daran müsse die Zeugin gemessen werden. Schließlich seien die Kinder bereits 2021 vom Vater in ein fremdes Land entzogen worden. Hensel habe sich als Zeuge bereits "um Kopf und Kragen geredet". Seine Ehefrau habe nur referiert, was für das eigene Strafverfahren vorteilhaft sei. Sonst lenke sie ab oder antworte nicht so "fluffig" wie bei anderen Themen: "Das spult sie seit 2021 ab und seit 2024 erst recht." Bott kritisiert weiter, dass seine Fragen zu Medienverträgen nicht zugelassen worden seien. Schließlich habe Have direkt im Anschluss RTL ein Fernsehinterview gegeben. Der Anwalt unterstellt der Nebenklage eine Skandalisierung des Verfahrens aus finanziellen Interessen. "Das hat mit Recht (...) absolut nichts zu tun!", poltert der Verteidiger, der seine Erklärung damit beendet. Richterin Hildebrandt unterbricht kurz, um die technischen Probleme bei anderen Prozessbeteiligten beheben zu lassen.
10.08 Uhr: Christina Blocks Anwalt Ingo Bott legt mit einem Knaller los! Er bezeichnet die Vernehmung Haves als eindrucksvoll, "weil sie bestätigt, dass man ihr kein Wort glauben kann".
10.02 Uhr: Die Anwälte dürfen erst einmal noch Stellungnahmen zu Astrid Haves Vernehmung abgeben. Die Zeugin ist die Ehefrau des Nebenklägers Stephan Hensel, dem Ex-Mann von Christina Block. Allerdings verzögern technische Probleme bei den Mikrofonen den Start.
9.59 Uhr: Mit einer halbstündigen Verspätung setzt Richterin Isabel Hildebrandt die Hauptverhandlung fort. Damit beginnt Prozesstag 24.
9.57 Uhr: Planmäßig hätte die Hauptverhandlung bereits vor 25 Minuten fortgesetzt werden sollen. Doch noch immer warten Besucher auf Einlass in den zum Sicherheitstrakt umfunktionierten Gerichtssaal. Die Besucher im Saal unterhalten sich angeregt, manche sind offenbar zum ersten hier und müssen sich erst einmal orientieren.
Block schüttelt im Gerichtssaal Hände - einen Verteidiger lässt sie links liegen
9.33 Uhr: Interessant ist immer wieder, wie sich die Prozessbeteiligten im Saal verhalten. Christina Block betritt die Szene, will zuerst zu ihrem Platz abbiegen. Dann bricht sie ab und schreitet geradeaus, um die Sachverständige mit einem Handschlag zu begrüßen. Auch dem Dolmetscher des Mitangeklagten Tal S. reicht sie die Hand. Dessen Anwalt Sascha Böttner, der noch freundlich lächelt, verweigert die Hamburgerin dagegen die Begrüßung. Gut möglich, dass seine deutliche Kritik an der Verteidigungsstrategie Verstimmungen unter den Parteien erzeugt hat.
9.29 Uhr: Das Verfahren steht auf dem Kopf und auch im Gericht ist einiges anders als gewohnt: Die Sicherheitsmaßnahmen sind deutlich erhöht. Zusätzlich zur Kontrolle am Eingang müssen alle Prozessbeteiligten und Besucher noch einmal einzeln durch einen Scanner, bevor sie Zutritt zum Saal erhalten. Das deutet darauf hin, dass gleich heute David Barkay als mutmaßlicher Kopf der Entführergruppe aussagen könnte. Mit einem pünktlichen Beginn ist angesichts dieser umfangreichen Vorkehrungen nicht zu rechnen. Trotz des riesigen Andrangs ist der Saal noch nicht einmal zur Hälfte besetzt. Aktuell erhalten noch vorrangig Prozessbeteiligte und Pressevertreter Zutritt, bevor das Publikum den Zuschauerbereich auffüllen darf.
9.19 Uhr: Auch im Gericht ist der Trubel riesig. Noch lange vor Einlass in den Sitzungssaal drängen sich Besucher auf dem Flur. Bei der Kontrolle lässt Stephan Hensel einen Mann am Eingang abblitzen, als der sich wegen eines Termins vordrängeln will - den hat der Nebenkläger auch. Anders als vielen Interessierten ist ihm ein Platz im Saal gewiss.
Trotz belastender Indizien Unterstützung für Block
9.10 Uhr: Trotz aller belastenden Indizien erhält die Angeklagte weiterhin sichtbare Unterstützung. "Für Christina Block", steht auf einem selbst gebastelten Banner, das zwei Personen am Eingang zum Strafjustizgebäude halten. Nach der dreiwöchigen Prozesspause ist das öffentliche Interesse an dem Verfahren wieder deutlich größer: Mehr Kamerateams filmen, am Eingang stehen Besucher Schlange - nach mehr als 20 Prozesstagen. Bei aller Ernsthaftigkeit dieses Verfahrens bleibt der Block-Prozess ein Spektakel.
Block-Strategie "brandgefährlich": Verteidigung muss Lösung für brisante Lage finden
Mittwoch, 10. Dezember, 8.02 Uhr: Die Karten sind neu gemischt. Mit ihren Aussagen haben drei der mutmaßlichen israelischen Entführer den Block-Prozess auf den Kopf gestellt. Besonders brisant ist die Aussage von David Barkay, dem mutmaßlichen Kopf der Gruppe.
In einer mehrtägigen Vernehmung hat er der Staatsanwaltschaft mehr als 300 Seiten Protokoll geliefert und seine Version rund um die Silvesternacht erzählt: Block und der Vertrauensanwalt von Eugen Block, Andreas C., hätten die Entführung von Klara und Theodor in Auftrag gegeben.
Drei Wochen hatte die Verteidigung Zeit, sich auf diesen Coup der Ermittler einzustellen. Bislang hat die Angeklagte jede Verwicklung in die Entführung vehement bestritten. Eine Strategie, die selbst Sascha Böttner, Anwalt des geständigen Tal S., zuletzt als "brandgefährlich" bezeichnet hatte. Seiner Einschätzung nach könnten die bisherigen Indizien selbst ohne handfeste Beweise für eine Verurteilung ausreichen.
Neben Block wird das Augenmerk auf Andreas C. liegen: Barkay hat den Anwalt als treibende Kraft für die Rückholung der Kinder belastet. Bislang hat C. eisern geschwiegen, während sein Verteidiger Marko Voß im Gerichtssaal mit leidenschaftlich vorgetragenen Anträgen immer wieder für Furore sorgte.
Wie die Verteidigung mit dieser komplett neuen Situation umgeht, zeigt sich ab 9.30 Uhr, wenn dieser Mammutprozess am Landgericht Hamburg weitergeht. FOCUS online berichtet live aus dem Saal.