Am Dienstag trifft sich die Union zur entscheidenden Renten-Sitzung. Die Junge Gruppe bekräftigt kurz vorher ihre Kritik – und zweifelt an der Regierungsfähigkeit.
Berlin – Bevor es am Dienstag ans Eingemachte geht, bekräftigt die Junge Gruppe ihre inhaltliche Ablehnung für das Renten-Paket der Regierung. In einem fünfseitigen Papier legt die Gruppe aus 18 CDU- und CSU-Abgeordneten noch einmal ihre Position dar und geht dabei insbesondere mit dem Koalitionspartner SPD hart ins Gericht. In dem Papier greift die Junge Gruppe jenes Argument auf, mit dem die jungen Abgeordneten im Renten-Streit zum Einlenken gebracht werden sollen: die Regierungsfähigkeit.
So soll etwa Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) in der Fraktionssitzung am Freitag (28. November) betont haben, dass die Zustimmung zum Rentenpaket nicht nur eine Sachfrage sei. Es gehe um die Regierungsfähigkeit der Union und der Koalition, mahnte Spahn die jungen Renten-Rebellen, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Teilnehmerangabe berichtete. Die Junge Gruppe jedoch begreift sich mit ihrem Renten-Wiederstand als Kämpfer für Regierungsfähigkeit, wie aus dem Schreiben von Montag hervorgeht.
Junge Gruppe richtet in Renten-Papier Vorwürfe an die SPD
Für Regierungsfähigkeit brauche es „den fairen Ausgleich zwischen den Koalitionspartnern auf Regierungs- und Fraktionsebene“, heißt es in dem Papier, das dem Münchner Merkur von Ippen.Media vorliegt. Die Bedenken gegenüber dem Renten-Paket seien Ausdruck „für die Regierungsfähigkeit der Union in einer Koalition, die auf Augenhöhe mit der SPD agieren muss“. An ebendiesem Agieren Augenhöhe sowie an weiteren Voraussetzungen für Regierungsfähigkeit scheint für die Junge Gruppe aktuell zu zweifeln, wie die Ausführungen in dem Positions-Papier zeigen.
Der SPD werfen die Abgeordneten mit Blick auf das Renten-Paket einmal mehr vor, nicht kompromissfähig gewesen zu sein. Führende Sozialdemokraten hatten in den vergangenen Wochen immer wieder betont, an dem Paket keine Änderungen mehr vornehmen zu wollen. Das Paket sei vom Koalitionsvertrag gedeckt und durch das Kabinett beschlossen, argumentierten die SPD-Spitzen. „Dass die SPD nicht zu Verhandlungen in der Sache bereit war, zu denen sie parlamentarisch verpflichtet gewesen wäre, ist nicht nachvollziehbar“, kritisiert nun die Junge Gruppe: „Regierungsfähigkeit heißt Kompromissfähigkeit.“
Kurz vor Renten-Showdown in der Union: Junge Gruppe hält „Paket für nicht zustimmungsfähig“
In dem Papier bekräftigen die Abgeordneten aus CDU und CSU ihre Position im Renten-Streit: „Als Junge Gruppe halten wir das Rentenpaket für nicht zustimmungsfähig. Dabei bleibt es.“ Die staatspolitische Verantwortung eines Abgeordneten umfasse „Rücksicht auf den Koalitionsfrieden und die weitere Regierungsarbeit in anderen wichtigen Politikfeldern und die Bewertung des Erreichten“.
Die Verantwortung umfasse jedoch ebenso „die finanzielle Stabilität und die sich daraus ergebende Handlungsfähigkeit unseres Landes in den 2030er-Jahren nicht außer Acht zu lassen“. Jedes Mitglied würde nun Argumente abwägen und eine Entscheidung treffen, heißt es mit Blick auf die für diese Woche geplante Abstimmung über das Renten-Paket.
Vorwürfe an Arbeitsministerin Bas: Junge Unions-Abgeordnete zweifeln an „Reformfähigkeit der Koalition“
Direkte Vorwürfe richtet die Junge Gruppe in an Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). „Wenn die Parteivorsitzende und zuständige Bundesministerin zum ‚gemeinsamen Kampf‘ gegen die Arbeitgeber aufruft, ist das nicht nur eine klare Absage an jegliche Reform im Sinne einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik. Es ist darüber hinaus eine Absage an die Sozialpartnerschaft in Deutschland und damit ein politischer Skandal für sich, der für die Union nicht akzeptabel sein darf.“ Die Junge Gruppe erklärt daher: „An der Reformfähigkeit der Koalition muss man zweifeln.“
Die Kritik der Jungen Gruppe bezieht sich auf einen Auftritt der Arbeitsministerin beim Bundeskongress der Jusos am Wochenende. Dort hatte die SPD-Chefin von ihrem Auftritt auf dem Arbeitgebertag berichtet und gesagt, dort sei ihr „besonders deutlich geworden (…), gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“. Sie sei dort gefragt worden, wie viel soziale Sicherheit sich Deutschland überhaupt noch leisten wolle.
Junge Gruppe zweifelt an großer Renten-Reform und betont Bedeutung von Vertrauen zur SPD
Mit der Kritik an den Aussagen der Arbeitsministerin verbinden die jungen Unionsabgeordneten Zweifel an dem Zustandekommen einer großen Renten-Reform, „die genau die Kosten unter Kontrolle bringen wird, auf die der Koalitionspartner jetzt besteht“. Ein weiterer Punkt in dem Papier der 18 Unions-Abgeordneten: „Regierungsfähigkeit heißt Vertrauen.“ Ohne ein Grundvertrauen in den Koalitionspartner SPD „kann es nicht gehen“, schreibt die Junge Gruppe. „Das Vertrauen in die Reformbereitschaft der SPD fehlt derzeit beim Thema Rente.“
Renten-Abstimmung in dieser Woche? Bas knüpft Fortbestand der Koalition an Zustimmung
Am Dienstag wird es ernst: Die Fraktionssitzung der Union soll die Antwort liefern, wie viele Abgeordnete im Bundestag mit Nein stimmen wollen. Darauf verwies auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (CDU) am Montag. In der Fraktionssitzung werde „einmal abgestimmt und dann geschaut“, erklärte Linnemann nach der Vorstandssitzung in Berlin. „Mehr weiß ich nicht.“ Jedoch äußerte er sich zu einem der Gesichter des Widerstands: dem Chef der Jungen Union, Johannes Winkel. Dieser habe in der CDU-Vorstandssitzung sein Nein zum Rentenpaket in der jetzigen Form bekräftigt. Winkel habe „sein Abstimmungsverhalten deutlich gemacht, dass er dem so nicht zustimmen kann“.
Noch in dieser Woche soll – läuft alles nach Plan – im Bundestag über das Renten-Paket abgestimmt werden. Und Arbeitsministerin Bas erhöht unterdessen noch einmal explizit den Druck; Bas knüpft das Fortbestehen der Regierungskoalition an eine erfolgreiche Abstimmung zum Renten-Paket. Die SPD-Chefin sei optimistisch, dass es in dieser Woche gelinge, das Renten-Paket zu beschließen, erklärte sie am Montag in Brüssel. „Das ist wichtig, insbesondere natürlich für den Fortbestand der Koalition, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass wir kaum noch andere Gesetzgebungen, wenn das jetzt scheitert, durchs Parlament bringen.“ (Quellen: Eigene Recherche, dpa, Reuters) (pav)