Gottschalks Arzt spricht über die Tumor-OPs - und gibt Prognose ab

Mit den Worten "Ich glaube, es wird Zeit, dass wir die Karten auf den Tisch legen. Ich habe Krebs", hat Entertainment Legende Thomas Gottschalk am letzten Novembertag für Aufruhr gesorgt. In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung offenbart er gemeinsam mit seiner Frau Karina: Er leidet an einem Epitheloiden Angiosarkom. Wie beide berichten hat er bereits zwei Operationen hinter sich. Zunächst wurden dem 75-Jährigen ein Teil der Harnleiter und der Blase entfernt. Die erste OP dauerte demnach bereits sieben Stunden. In einer weiteren OP wurde noch mehr befallenes Gewebe im Beckenbereich entfernt – nochmal sechs Stunden im OP-Saal.

Ein Epitheloides Angiosarkom geht von den Blutgefäßen aus

Bei einem Epitheloiden Angiosarkom handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der von der innersten Zellschicht der Blutgefäße (Endothel) ausgeht. Im Gegensatz zu anderen Angiosarkomen haben die Zellen bei dieser Form jedoch ein besonderes Aussehen: Sie erinnern an die Epithelzellen, die alle äußeren und inneren Oberflächen des Körpers bedecken. Daher der Name "Epitheloides" Angiosarkom.

Die Prognose für Betroffene ist schlecht: Denn der Tumor ist selbst unter den sowieso schon raren Angiosarkomen selten. Noch seltener ist, dass er die Harnblase befällt. Dazu wächst er schnell und ist sehr aggressiv. Diese Tumoren können an vielen Stellen des Körpers und in jedem Alter auftreten. Am häufigsten findet man sie jedoch tief im Muskel- oder Weichteilgewebe – meist bei Männern um die 70 Jahre.

Allerdings hat sich die Prognose im Verlauf der letzten Jahre verbessert. Das sagt Jürgen Gschwend, Chef der Urologie im TUM Klinikum Rechts der Isar im Interview mit der "tz". Er führte die OP bei Gottschalk durch. Dass sich die Prognose bei dieser seltenen Krebsart in den letzen Jahren deutlich verbessert habe, läge an der "Kombination aus modernen OP-Techniken, Strahlentherapie und Medikamenten". 

Therapie wird individuell festgelegt: Erster Schritt meist OP

Wie genau ein Epitheloides Angiosarkom behandelt wird, entscheiden Medizinerinnen und Mediziner in einem sogenannten Tumorboard. Dabei besprechen sich Expertinnen und Experten aus 

  • Onkologie,
  • Chirurgie,
  • Radiologie,
  • Strahlentherapie
  • und Pathologie 

und versuchen die bestmögliche Behandlung für die Patienten festzulegen.

Diese folgt bei Angiosarkomen jedoch in der Regel einem klaren Schema, am Anfang steht meist eine Operation. Urologe Gschwend: "Man muss den Tumor so schnell wie möglich entfernen. Es ist wichtig, dass man das von Krebszellen befallene Gewebe restlos entfernt."

Bei der OP versuchen die Mediziner, das Tumorgewebe vollständig zu beseitigen, sodass unter dem Mikroskop kein Rest mehr nachweisbar ist. Im Anschluss folgt normalerweise eine Bestrahlung des ursprünglichen Tumorbereichs, um eventuell verbliebene Tumorzellen zu zerstören und das Rückfallrisiko zu verringern. Das bestätigt auch Gschwend: "Dadurch steigen die Chancen, den Tumor nachhaltig in Schach halten zu können. Dennoch bleibt bei dieser Krebsart leider ein nicht unerhebliches Rückfallrisiko bestehen." 

Auch Medikamente können das Tumorwachstum bremsen

Ist die Entfernung des Tumors jedoch mit sehr belastenden oder riskanten Operationen verbunden, kann das Behandlungsziel bei Krebstherapien angepasst werden. Statt alles zu entfernen, kann es laut verschiedener Leitlinien für Angiosarkome dann sinnvoller sein, den Tumor nur zu verkleinern und anschließend zu bestrahlen. In anderen Situationen wird sogar direkt mit einer Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie begonnen, ohne dass zuvor operiert wird. Das trifft vor allem zu, wenn der Tumor von Anfang an nicht gut operierbar ist.

Zusätzlich können Medikamente eingesetzt werden, um das Tumorwachstum zu bremsen:

  • Anthrazykline und Taxane sind die am häufigsten eingesetzten Chemotherapien, die das Wachstum von Tumorzellen stoppen.
  • Wenn diese nicht mehr wirken, kommen laut einer Leitlinie für ein kutanes Angiosarkom (die Haut betreffend) andere zugelassene Medikamente wie Trabectedin (greift bestimmte Tumorzellfunktionen an) oder Pazopanib (blockiert die Blutgefäßbildung im Tumor) zum Einsatz.
  • Schlägt das alles nicht an, stehen sogenannte experimentelle Therapien zur Auswahl. Diese werden noch getestet, können aber schon zum Einsatz kommen, wenn nichts anderes hilft.

Bei besonders großen oder aggressiven Tumoren kann auch nach einer Behandlung, etwa einer OP, eine dauerhafte Medikation zum Einsatz kommen. Diese Erhaltungstherapie, zum Beispiel mit Taxanen, soll verhindern, dass der Tumor zurückkommt oder weiterwächst.

Aufgrund der starken Schmerzen müssen viele Betroffene zusätzlich starke Opioide einnehmen. So auch Gottschalk: "Mit diesen Tabletten fühle ich mich, als würde ich mit meinem Kopf in einer Waschmaschine stecken“, beschreibt er die die Nebenwirkungen im Interview mit der "Bild".

Nach der Behandlung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig, um einen Rückfall zu erkennen. "Sie erfolgen in der Regel alle acht bis zwölf Wochen", sagt Urologe Gschwend.