Die nächste Prämienwelle kommt – was Privatversicherte wissen müssen

Millionen Privatversicherte in Deutschland stehen vor einer neuen Welle deutlicher Beitragserhöhungen. Was früher nur alle paar Jahre vorkam, passiert inzwischen fast jedes Jahr – und die Zahlen sind alarmierend. Laut Branchenschätzungen werden rund 60 Prozent aller PKV-Versicherten 2026 von Anpassungen betroffen sein, im Schnitt um etwa 10 Prozent, in vielen Fällen aber deutlich mehr, wie Finanzexperte Dieter Homburg gegenüber FOCUS online erklärt.

Auch der größte deutsche PKV-Anbieter, Debeka, bestätigt diese Entwicklung. "„Bisher gab es deutliche Erhöhungen bei uns nur in Abständen von mehreren Jahren. Jetzt jedoch müssen wir unseren Kunden nach den Beitragssteigerungen für 2025 auch für das kommende Jahr diese unerfreuliche Botschaft überbringen, auch wenn die Anpassung für 2026 mit durchschnittlich 6,5 % deutlich moderater ausfällt und auch nicht alle betroffen sind“, erklärte der Debeka-Sprecher Gerd Benner der "Welt".

Was hinter der PKV-Erhöhungswelle steckt

Die Gründe für die drastischen Prämiensteigerungen in der privaten Krankenversicherung sind vielschichtig und strukturell verankert:

  • Medizinische Inflation: Die Kosten für Medikamente, Behandlungen und moderne Diagnostik steigen deutlich schneller als die allgemeine Inflation. Debeka-Sprecher Gerd Benner erklärt: „Wurde noch vor ein paar Jahren vor allem geröntgt, bekommen Patienten heutzutage vor allem CT- oder MRT-Untersuchungen verschrieben. So etwas treibt die Kosten.“
  • Fehlende Budgetgrenzen: Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es in der PKV keine festen Ausgabegrenzen für Ärzte. Dies schafft einen ökonomischen Anreiz, aufwendigere und damit teurere Leistungen zu erbringen, was die Kosten zusätzlich in die Höhe treibt.
  • Gesetzliche Kalkulationslogik: Beitragsanpassungen dürfen erst erfolgen, wenn die tatsächlichen Leistungsausgaben oder Rechnungszinsen mehr als fünf Prozent von der ursprünglichen Kalkulation abweichen (§ 155 VAG i.V.m. § 203 VVG). Das führt dazu, dass über Jahre kaum Anpassungen erfolgen, bis die Schwelle überschritten ist – dann folgt oft ein deutlicher Sprung.
  • Tarifpolitik der Anbieter: Viele Versicherer legen günstige Neueinsteiger-Tarife auf, die später in teurere Alt-Tarife übergehen. Rund ein Drittel aller Privatversicherten steckt in solchen geschlossenen Beständen, die von außen kaum einsehbar sind.

Was Betroffene jetzt tun können

Experten raten zu proaktivem Handeln, um die finanzielle Belastung abzufedern. Ein wichtiger Hebel ist der interne Tarifwechsel: Versicherte können in gleichwertige, stabilere Tarife wechseln, um Beiträge zu senken. Risikozuschläge lassen sich häufig streichen, wenn die ursprünglichen Gründe nicht mehr vorliegen. Ein Praxisbeispiel zeigt, wie wirksam das sein kann, erklärt Homburg: Eine Kundin konnte ihren Zuschlag nach ärztlicher Bestätigung vollständig entfernen – 120 Euro monatliche Ersparnis. Zusammen mit einem stabileren Tarif reduzierte sich ihr Beitrag um insgesamt 220 Euro pro Monat.

Darüber hinaus sollten Versicherte regelmäßig ihre Beitragsbestandteile prüfen. Selbstbehalte, Zusatzbeiträge und Beitragsrückerstattungen bieten über die Jahre Einsparpotenziale von mehreren Tausend Euro. Ein kompletter Anbieterwechsel lohnt sich dagegen vor allem für junge, gesunde Versicherte, da hier eine neue Gesundheitsprüfung erforderlich ist und Altersrückstellungen nur teilweise übertragbar sind.

Auch die langfristige Finanzplanung ist entscheidend: Ältere Versicherte sollten prüfen, wie sich die Beitragsentwicklung auf den Ruhestand auswirkt und welche internen Wechseloptionen ihre Gesellschaft anbietet. Finanzexperte Dieter Homburg fasst zusammen:

„Beitragssprünge in der PKV sind gesetzlich systembedingt, ihre Höhe aber ist ein direkter Spiegel der Kalkulationsqualität des Versicherers.", bilanziert Homburg. Aber: "Wer seine Verträge regelmäßig prüfen lässt, interne Wechsel nutzt und sich nicht von vermeintlich günstigen Neueinsteigertarifen blenden lässt, kann seine Beiträge langfristig stabiler halten – und im Alter erheblich Geld sparen."