71 Vierergespanne aus dem ganzen Oberland kamen zur 170. Tölzer Leonhardifahrt, die bei idealen äußeren Bedingungen und vor Tausenden Zuschauern vergangenen Donnerstag stattfand. Stadtpfarrer Peter Demmelmair spendete den Segen für Pferde, Reiter und Wagenbesatzungen.
Bad Tölz – Monatelange Vorbereitungen hatte es für die traditionelle Pferdewallfahrt gegeben, die als größte des bayerischen Oberlandes gilt. Kein Wunder also, dass auch heuer laut Stadt etwa 10.000 Zuschauer von nah und fern angereist waren.
Dankbar für Leonhardi: 170. Tölzer Pferdewallfahrt mit tausenden Besuchern gefeiert
Der Ablauf ist jedes Jahr der gleiche: Die Gespanne, deren Reihenfolge schon bei einer Veranstaltung im Vorfeld ausgelost wurde, stellten sich auf den Straßen im Badeteil auf. Punkt 9 Uhr ging es los. Die drei Vorreiter machten sich also auf den Weg über die Isarbrücke. In der fahnengeschmückten Marktstraße war eine Tribüne für die Ehrengäste aufgebaut. Durch die schmale Jägergasse und den steilen Maierbräugasteig, wo sich die Zuschauer nur so drängten, ging es hinauf zur Austraße, wo der Tross dann nach links zur Leonhardiwiese einbog.
Ziel der Wallfahrt, die alljährlich am 6. November veranstaltet wird – zweimal musste sie wegen Corona ausfallen – ist die Leonhardikapelle neben der mächtigen Kalvarienbergkirche. Hier fuhren die Teilnehmer an der Geistlichkeit vorbei und erhielten den kirchlichen Segen für Pferd, Reiter und Wagenbesatzung.
Den Segen spendete Stadtpfarrer Peter Demmelmair, der zu Beginn seiner Predigt auch die internationalen Gäste aus den USA, Südtirol, der Toskana und Frankreich auf deren Landessprache begrüßte. Demmelmair interpretierte den Psalm 146 neu und mahnte zur Dankbarkeit für beispielsweise fließendes Wasser, volle Kühlschränke und ausreichend Kleidung. Eine Absage erteilte er an Besserwisser, Berufskritiker und Grantler, die von früh bis spät unzufrieden sind.
Derweil hatten sich die Gespanne und Reiter auf der frisch gemähten Wiese unter den mächtigen Eschen aufgestellt. Während die einen den Gottesdienst feierten, herrschte bei den anderen schon reges Treiben auf den Wagen, wo sich Freunde und Bekannte auf einen Ratsch oder eine Brotzeit trafen. Auch das ein oder andere Stamperl Hochprozentiges wurde verköstigt. Die geschmückten Rösser konnten hier noch einmal bewundert werden.
„Ein Fest für die Tölzer“: Landtagspräsidentin und Kaiserin Sisi‘s Ur-Ur-Ur Enkel begeistert von Leonhardifahrt
Am vergangenen Donnerstag lockte die 170. Tölzer Leonhardifahrt zahlreiche Besucher an. Auch viele Ehrengäste aus Politik und Gesellschaft wohnten dem traditionellen Fest in der Kreisstadt bei.
Am Donnerstag konnte die Rast am Berg nicht lange genug dauern, die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel auf das bunte Geschehen. Doch irgendwann heißt es, die Rückfahrt anzutreten, die dann schon etwas lockerer als die Auffahrt vonstattengeht. In der Marktstraße standen die Menschen dicht an dicht, um die Gespanne hinaufziehen zu sehen zum frisch renovierten Khanturm und weiter zur Mühlfeldkirche, wo der zweite Segen erteilt wird und die Wallfahrt endet.
Bevor die 170. Tölzer Leonhardifahrt um Punkt 9 Uhr losging, versammelten sich bereits eine Stunde vorher die diesjährigen Ehrengäste vor dem Rathaus. Angereist war etwa Landtagspräsidentin Ilse Aigner. Im Gespräch mit unserer Zeitung berichtete sie, anlässlich der 170. Fahrt habe sie es sich nicht nehmen lassen, „endlich mal wieder nach Tölz zu kommen“. Ihr persönliches Highlight sei die Messe. Zusammen mit Aigner war auch Maria Furtwängler, Schauspielerin und Präsidentin des Kuratoriums der Hilfsorganisation German Doctors, nach Tölz gekommen. Für sie war es der erste Besuch zu Leonhardi in der Kreisstadt, verriet sie: „Ich bin schon sehr gespannt.“
Auch der Vize-Landrat und Landtagsabgeordnete Thomas Holz war freilich unter den Gästen. Für ihn sei es „mindestens die 35. Leonhardifahrt in Tölz“, berichtete er. Als Bub habe er schon mit seinem Onkel, der als Metzger einen Stand am Kalvarienberg hatte, bei der Fahrt zugesehen und war „mittendrin“. Er erinnerte an die Bedeutung der Fahrt: „Das ist nicht nur Party.“ Es gehe um den heiligen Leonhard und den Segen für die Tiere. Als Pferdebesitzer habe er „eine andere Verbindung“ zu diesem Anlass.
Aus dem Loisachtal war Benediktbeuerns Bürgermeister Anton Ortlieb angereist. Für ihn, in dem Klosterdorf findet diesen Sonntag, 9. November, die eigene Leonhardifahrt statt, sei es „sozusagen ein Warm-up“, schmunzelte er. Besondere Ausschau halte er nach den Wagen aus Benediktbeuern und Bichl, die an diesem Tag teilnahmen. Auf einem kleinen Zettel hatte er sich extra die Wagennummern notiert.
Bürgermeister Ingo Mehner berichtete, dass ihn bereits ein „tagelanges Kribbeln“ begleitet, bis es endlich losgeht. Auch für die Tölzer Kur- und Tourismusdirektorin, Brita Hohenreiter, ist die Leonhardifahrt einer der wichtigsten und schönsten Tage im Jahr, wie sie sagt. Auch wenn die Wallfahrt viele Touristen in die Kreisstadt lockt, so sei die Großveranstaltung in erster Linie ein „Fest für die Tölzer“, bei der das Brauchtum gelebt werde. Neben ihr befand sich Altbürgermeister Josef Janker, der ebenfalls die „wunderbare Tradition“ der Leonhardifahrt betonte und sich über das schöne Wetter freute: „Das haben wir uns verdient.“
Aus München in die Kreisstadt angereist war Dr. Hans-Joachim Heßler, der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Es ist bereits seine zweite Tölzer Leonhardifahrt. „Ein super Ereignis“, lobte er: „Der Ort, die Pferde und die Trachten, da passt alles zusammen.“ Auch echtes blaues Blut mischte sich heuer unter die Ehrengäste. Das erste Mal dabei war heuer Prinz Stanislaus von Bayern, der Ur-Ur-Ur-Enkel von Kaiserin Sisi. Er freute sich auf die Tölzer Leonhardifahrt, für ihn ein „besonders großer und schöner Anlass“.
Nach der Predigt und dem Gottesdienst von Peter Demmelmair auf dem Kalvarienberg ging es dann am Nachmittag in der Innenstadt leger zu, wo die jungen oder etwas weniger jungen Burschen wieder ihre „Goaßln“ auspackten und lautstark im Takt erklingen ließen.
Derweil wurden wie immer die Traditionsgaststätten, die Cafés und die für diesen Tag erlaubten Ausschankmöglichkeiten gestürmt – und weil’s so schön warm war, dauerte es auch heuer wieder lange, ehe beim Tölzer Leonhard 2025 die Schlussglocke läutete. Dabei war das Wichtigste: nach ersten Informationen sei alles unfallfrei verlaufen, was bei über 300 Pferden und den vielen Zuschauern keine Selbstverständlichkeit ist.
Tölz` Bürgermeister hebt die Bedeutung von Freiheit mit kultureller und gemeinschaftlicher Ordnung hervor
Tölz` Bürgermeister Mehner hat in seiner Festrede zur 170. Leonhardifahrt die Bedeutung von Freiheit im Zusammenhang mit kultureller und gemeinschaftlicher Ordnung hervorgehoben. Er betonte, dass Freiheit nicht nur die Abwesenheit von Zwang bedeute, sondern eine tragfähige kulturelle und gemeinschaftliche Ordnung voraussetze: „Ohne diese Kulturbasis kann individuelle Freiheit nicht gedeihen.“
Mehner verwies auf die besondere Verantwortung des Freistaats Bayern für sein Kulturerbe und hob die Leonhardifahrt als identitätsstiftendes Element hervor. Die Leonhardifahrt sei seit Jahrhunderten prägend für Bad Tölz und verbinde Menschen über Generationen hinweg weg.
Treue Leonhardifahrer geehrt
Wie sehr bei der Tölzer Leonhardifahrt Traditionen gelebt werden, zeigte sich auch heuer wieder bei der alljährlichen Auslosung zur Zugreihenfolge im Kurhaus: Schon zum 80. Mal wurde heuer auf dem Hof von Andreas Hartl in Gaißach für die Wallfahrt eingespannt. Außerdem bedankten sich die beiden Leonhardilader der Stadt, zweiter Bürgermeister Michael Lindmair und Stadtrat Anton Mayer, für 70 Teilnahmen bei Johann Mayer aus Dietramszell/Spöttberg und für 60-maliges Mitfahren bei Xaver Buchberger aus Wackersberg. Auf 40 Teilnahmen zurückblicken können Martin Baumgartner aus Ellbach, Johann Schelle aus Deisenhofen, Kaspar Mair aus Weyarn und Leonhard Schwaiger aus Grünbach. Zum 25. Mal beim Tölzer Lehards dabei waren Josef Waldherr aus Benediktbeuern, Werner Gorn aus Wackersberg, Johann Essendorfer aus Sauerlach und Konrad Woisetschläger aus Königsdorf.
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