"Niederträchtig" und "demokratiefeindlich" – Leser empört über Linksjugend

Der Kommentar von Thomas Tuma zum Bundeskongress der Linksjugend hat heftige Leserreaktionen ausgelöst – und zeigt, wie tief die Verunsicherung über politische Grenzen in Deutschland reicht. Antisemitismus, so der Tenor der Leser, darf in keiner politischen Richtung toleriert werden. Die Empörung über die Linke ist dabei Ausdruck eines Misstrauens gegenüber Institutionen, die Ungleichbehandlung wahrgenommenen. Zwischen berechtigter Kritik und pauschaler Ablehnung verläuft eine schmale Linie. Dass diese Debatte so leidenschaftlich geführt wird, zeigt zugleich, wie stark die gesellschaftliche Sensibilität für Antisemitismus gewachsen ist – und wie groß die Erwartungen an Konsequenz in der Demokratie geworden sind.

Verteilung der Meinung zu "Antisemitismus-Debatte: Leser fordern Konsequenzen und klare Positionen"
Verteilung der Meinung zu "Antisemitismus-Debatte: Leser fordern Konsequenzen und klare Positionen" FOCUS Online

Leser fordern hartes Durchgreifen

Knapp ein Viertel der Leser fordert nach der Analyse von Thomas Tuma ein entschiedenes Vorgehen gegen die Linke – bis hin zu einem Parteiverbot. Der FOCUS-Kommentator hatte den Bundeskongress der Linksjugend [’solid] als "blanken Israel-Hass" beschrieben und auf antisemitische Tendenzen in der Mutterpartei hingewiesen. Viele Leser teilen diese Einschätzung und kritisieren, der Verfassungsschutz handle mit zweierlei Maß: Während die AfD bereits als "gesichert rechtsextrem" gilt, bleibe die Linke trotz radikaler Äußerungen unbeobachtet. Juristisch ist ein Parteiverbot allerdings an hohe Hürden gebunden – das Bundesverfassungsgericht verlangt eine aktiv kämpferische Haltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Politisch aber zeigt sich, dass die Geduld vieler Bürger mit ideologischen Grenzüberschreitungen schwindet.

"Übelst und niederträchtig, mehr braucht man nicht dazu sagen, und dass der V-Schutz nichts macht, war klar, der muss die Brandmauer hochhalten."  Zum Originalkommentar

"Der Verfassungsschutz sollte die Linke als gesichert linksextrem einstufen und es sollte ein Verbotsverfahren eingeleitet werden."  Zum Originalkommentar

"Da ist Politik wieder wie der Verfassungsschutz blind und nicht willens, Gesetz und Recht umzusetzen. Tolle Demokratie."  Zum Originalkommentar

Leser sehen Verfassungsschutz in der Pflicht

Rund 22 Prozent der Leser fordern Konsequenzen aus den Vorgängen, die Tuma schildert. Auf dem Bundeskongress der Linksjugend hatte eine deutliche Mehrheit Israel als "koloniales und rassistisches Staatsprojekt" bezeichnet. Gegenanträge, die auch die Terrorangriffe der Hamas verurteilten, fanden keine Unterstützung. In Chatgruppen wurde laut Medienberichten sogar zu "Säuberungsaktionen" gegen innerparteiliche Israel-Verteidiger aufgerufen. Für viele Leser ist das eine rote Linie. Sie sehen den Verfassungsschutz in der Pflicht, solche Tendenzen als verfassungsfeindlich einzustufen. Während die Parteiführung bisher abwiegelte, hat der Zentralrat der Juden den "radikalen Kern" der Linken öffentlich kritisiert. Die Leser interpretieren das Schweigen der Parteispitze als stilles Einverständnis.

"Wenn in der linken Schwadron Antisemitismus 'gefeiert' wird, hat diese Partei weder in Deutschland noch sonst wo etwas verloren. Es hätte eigentlich auch jeder wissen müssen, dass die Linken nicht zu Deutschland passen."  Zum Originalkommentar

"'Der Bundeskongress der Linksjugend hat blanken Israel-Hass beschlossen. Dabei wuchert das Problem tief in der Mutterpartei. Wo ist eigentlich der Verfassungsschutz, wenn man ihn mal braucht?' Gute Frage, die Antwort (wenn denn eine kommt, das bezweifle ich!) wird sehr interessant!"  Zum Originalkommentar

"Der Verfassungsschutz muss - wenn er sich als überparteiliches Organ betrachtet - nun die Linken unter Beobachtung stellen und ein Verbotsverfahren einleiten. Nur, auf deutschen Straßen wurde allerdings bereits in der jüngsten Vergangenheit Judenhass und Hass gegen Israel komischerweise geduldet."  Zum Originalkommentar

Sorge vor Extremismus

Einige Leser ordnen die aktuelle Entwicklung in eine historische Kontinuität ein. Sie sehen in der heutigen Linken den politischen Erben der DDR-Staatspartei SED – und damit eine ideologische Gefahr für die Demokratie. Tuma erinnerte in seiner Kolumne daran, dass linke Jugendbewegungen einst Lieder von Franz Josef Degenhardt sangen und Nicaragua idealisierten; heute, so seine Diagnose, dominiere dort offener Antisemitismus. Diese rhetorische Zuspitzung fand in den Kommentarspalten breite Zustimmung. Tatsächlich hat sich Die Linke seit ihrer Gründung mehrfach reformiert, bleibt aber durch ihre Herkunft belastet. Für viele Kommentatoren ist das aktuelle Verhalten der Linksjugend ein Beleg, dass alte autoritäre Muster wieder sichtbar werden.

"Das ist nicht überraschend, sondern einfach ehrlich. Was anderes soll man von einer Partei erwarten, die weiterhin die SED ist, lediglich ein paar Mal ihren Namen geändert hat?"  Zum Originalkommentar

"Die 'moderne' Linke hat mit der Ideologie von 33-45 größere Schnittmengen als jede andere Partei unserer politischen Landschaft."  Zum Originalkommentar

"'Solid' (also die Linksjugend) ist das linksextreme Pendant zur (ehemaligen) rechtsextremen 'Jungen Alternative' - beides unerträgliche, unsägliche und bar jeglichen Verstands und Intellekts agierende Organisationen, deren Existenzrecht in einer freiheitlichen Demokratie m.E. mehr als nur zu hinterfragen ist. Da ist links tatsächlich keinen Deut besser als rechts und letztendlich kaum mehr zu unterscheiden - ein wunderbarer Beweis für die Hufeisentheorie."  Zum Originalkommentar

"Die Linke sind genauso demokratiefeindlich (und gegen die EU sowie für Putin) wie die AfD. Es ist aber nicht woke, das zu äußern."  Zum Originalkommentar


Parteispitze unter Druck

Einige User richten ihre Kritik auf die Parteispitze, insbesondere auf Heidi Reichinnek. Ihre Zurückhaltung nach dem Kongress sorgt für Empörung. Tuma hatte in seinem Beitrag darauf hingewiesen, dass weder Reichinnek noch Parteichef Jan van Aken bislang Stellung bezogen haben – trotz einer eigens einberufenen Krisenschalte. Die Leser werten das als Beleg für mangelnde Führung und fehlende Abgrenzung von extremistischen Positionen. Mehrere Kommentare fordern, Politiker, die Antisemitismus dulden, dürften in Talkshows oder Gremien nicht länger als legitime Vertreter der demokratischen Mitte auftreten.

"Wozu das Bild von Heidi Reichinnek? Gehört die noch zur Jugend? Dann wundern mich ihre Ansichten nicht mehr."  Zum Originalkommentar

"Frau Reichinnek wird in den Talkshows bei Illner und Maischberger hofiert, als wäre sie ein gleichberechtigter Akteur der Politik-Elite. Man sollte sie außen vor lassen ...."  Zum Originalkommentar

"Gregor Gysi und Heidi Reichinnek, inklusive dieser linken Chaoten und Kommunisten, gehören vom Verfassungsschutz endlich stärker beobachtet und, wenn nicht anders, sofort verboten! Unglaublich, was sich Deutschland gefallen lässt!"  Zum Originalkommentar

Misstrauen in die Berichterstattung

Neun Prozent der Kommentatoren lenken den Blick auf die Medien. Sie danken Tuma ausdrücklich für seine klare Sprache und werfen anderen Redaktionen vor, den Skandal zu verharmlosen. Vor allem öffentlich-rechtliche Sender stehen bei den Lesern im Verdacht, antisemitische Vorfälle in linken Kreisen nicht mit derselben Konsequenz zu behandeln wie rechte. Unsere Leser beklagen eine "selektive Empörungskultur".

"Wie soll man noch Vertrauen zu den Medien und ÖR haben, wenn nur Bild und Focus über diese Verfassungsfeinde berichten? Wenn beispielsweise die Junge Union sich Ähnliches geleistet hätte, dann würde Tagesschau, Heute Journal darüber berichten. Auch in der TAZ kein Wort."  Zum Originalkommentar

Plädoyer für differenzierte Debatte

Etwa acht Prozent der Leser betonen, dass Kritik an Israel, auch wenn sie hart formuliert ist, zur Meinungsfreiheit gehört. Sie sehen die Gefahr, dass politische Auseinandersetzungen zu schnell als antisemitisch gebrandmarkt werden. Einige Kommentatoren verweisen auf internationale Beispiele – etwa Spanien oder die USA –, wo ähnliche Positionen offen vertreten werden. Diese Stimmen erkennen zwar antisemitische Grenzüberschreitungen an, fordern aber eine differenzierte Debatte. Die Frage, wo Kritik an der israelischen Regierung endet und Antisemitismus beginnt, bleibt auch in der politischen Analyse von Tuma nur angedeutet – viele Leser greifen sie bewusst auf, um Meinungsfreiheit als demokratische Grenze zu verteidigen.

"Ein Wunder ist das nicht. Die vierte Nachkriegsgeneration lässt sich nicht mehr in Sippenhaft für die Verbrechen ihrer Urahnen nehmen und bewertet die Politik Israels vorbehaltlos wie bei jedem anderen Staat."  Zum Originalkommentar

"Mir ist auch rätselhaft, wie man nach den Bildern aus Gaza noch Israel verteidigen kann."  Zum Originalkommentar

"Wieso soll in Deutschland der Verfassungsschutz eingreifen, wenn der Krieg eines anderen Staates als genozidal bezeichnet wird ..."  Zum Originalkommentar

Sonstiges

Rund 14 Prozent der Kommentare begegnen dem Thema mit Spott oder resignierter Ironie. Sie kommentieren das politische Klima selbst – etwa mit der Frage, welche Parteien nach diesen Maßstäben alle verboten werden müssten.

"Gibt es auch 'Omas gegen links'?"  Zum Originalkommentar

"Wo ist der Kommentar von Jan van Aken, der muss sich doch dauernd im Fernseher äußern."  Zum Originalkommentar

Die Debatte über den Antisemitismus-Vorwurf bei der Linksjugend zeigt, wie kontrovers das Thema in der Bevölkerung aufgenommen wird. Sollte der Staat härter durchgreifen? Oder sind gerade kritische Stimmen in einer Demokratie wichtig? Diskutieren Sie mit: Wie sollte die Politik auf solche Entwicklungen reagieren – und wo verläuft die Grenze zwischen Kritik und Diskriminierung?

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.
Problem wuchert tief: Das heikle Antisemitismus-Fanal der Linken-Jugend
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