„Es geht um den reinen Wettkampf“: Fight-Night-Premiere in Penzberg

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Freuen sich auf die Fight Night in der Wellenbadhalle: Tatjana und Mio Markotic von der Fight Academy in Penzberg. © Andreas Mayr

Mio Markotic organisiert am 8. November ein Kampfsport-Event in Penzberg, bei dem Teilnehmer aus ganz Bayern in Duellen antreten.

Penzberg – Es waren andere Zeiten, als Mio Markotic seinen ersten Kampf kämpfte. Die Halle zeichnete nach, was im ehemaligen Jugoslawien vor sich ging. Bombeneinschläge hatten die Fenster zerstört. Für die jungen Männer, die an diesem Tag im Jahr 1994 in den Ring stiegen, gab es keine Bandagen. Mio Markotics erster Gegner wog locker 15 Kilo mehr. Vier oder fünf Mal schlug er den 14-jährigen Buben zu Boden. Irgendwann erbarmte sich der Ringrichter und brach ab. „Mich hat das motiviert, mehr zu machen“, sagt er heute. Ein paar Monate später war er bereits kroatischer Meister, später deutscher und Europameister.

Der Mann, der so herrliche Geschichten erzählen kann, sitzt auf einem Sofa. Zu trinken gibt es Wasser. Die reine, kalte Herbstluft flutet den Raum. Alle Fenster sind offen. Mio Markotic zeigt Bilder auf seinem Handybildschirm. Zu sehen ist ein nackter Raum, Teppichboden, eine dicke Wand. „Wir haben hier von Null angefangen“, sagt er. Im März werden es vier Jahre, seit sie aus den Lagerräumen an der Grube in Penzberg eine Fight Academy gemacht haben, so heißt das Studio. An die 200 Menschen trainieren hier. Männer und Frauen jeden Alters gemeinsam, das ist sein Konzept. Am Anfang wollte niemand Sparring machen, sagt der Trainer. „Heute machen es alle.“ Sie haben gesehen, dass Boxen nicht Verletzen bedeutet. „Das gibt dir wahnsinnig viel Selbstvertrauen, wenn du nach zwei Treffern merkst: Ich lebe noch“, sagt Markotic.

Kickbox-Verband überwacht Kämpfe

Mehr noch: Ein Teil seiner Schützlinge kämpft jetzt auch. Also richtig im Ring und mit Kampfrichter. Am Samstag, 8. November, veranstaltet Mio Markotic die erste Fight Night in Penzberg (Beginn 18 Uhr, Einlass ab 17 Uhr). Er hat die Halle am Wellenbad gemietet. Locker 600 Menschen gehen rein. Es gibt einen Moderator (Daniel Stock von München TV), Nummerngirls in Tracht, einen DJ und eine große Überraschung. Der Kickbox-Verband ISKA überwacht die Kämpfe, eine Security Firma mit professionellen Leuten das Publikum. Das muss man noch immer dazu sagen, weil der Boxsport nun mal nicht den besten Ruf genießt. Das ist nicht der Fight Club mit Männern und Frauen, die sich das Blut aus den Körpern prügeln. Das ist Sport. Hart und fair. Ehrlich und respektvoll. So ziemlich das Gegenteil, was man oft in der Szene serviert bekommt.

Mio Markotic hat erlebt, wie verrottet der Sport mancherorts geworden ist. Boxen, sagt er, ist zum Geschäft geworden. Junge Männer inszenieren sich als Champions mit Gürteln und großen Tönen. Ihre Manager suchen Gegner, die sich bereitwillig für kleines Geld niederknüppeln lassen. Nur damit die Bilanz stimmt. „Wie kann man 27 Mal kämpfen und 27 Mal verlieren“, sagt Mio Markotic über die Low-Budget-Boxer, die in diesem Theater mitspielen. Der Sport, sagt er, wird in ein falsches Licht gerückt. „Die Leute bilden sich ein, dass sie Champions sind“, sagt der Kroate. Wer sich auskennt, enttarnt dieses Schauspiel mühelos. Aber wer tut das schon? Und so stimmt der Umsatz bei den vielen Kampfabenden um Mickey-Maus-Titel im ganzen Land.

In Penzberg hingegen drehen sie die Uhr zurück. Als Markotic anfing vor 30 Jahren, wählten die Trainer die Kampfpaare aus. Jeder bekam den passenden Gegner. „Es war wie Fußball: Am Montag hat der Trainer deinen Gegner ausgesucht“, erzählt er. Am Samstag traf man sich im Ring. Das waren ehrliche Kämpfe. Genau solche verspricht er den Gästen für 8. November. „Ich brauche keine Welt- und Europameister, sondern Leute, die Lust haben, sich zu messen“, sagt Markotic.

Insgesamt 16 Kämpfe geplant

Deshalb hat er all die umliegenden Boxstudios angesprochen, Bad Tölz, Garmisch-Partenkirchen, München, Kempten, Lindau, Landsberg, Ingolstadt. Sie alle ticken gleich und schicken ihre Leute. „Es geht uns um Sport – nicht ums Ego-Futtern“, betont Mio Markotic. 16 Duelle sind derzeit geplant, drei Boxkämpfe, zwei im Muay Thai, der Rest im Kickboxen. Sechs Penzberger sind dabei, darunter Natascha Stark, 41 Jahre alt. Sie hat vor zwei Jahren begonnen und ist schon Deutsche Meisterin der Veteranen Klasse. Den Hauptkampf des Abends tragen Lokalmatador Jesen Hamad, 23 Jahre, und der Ingolstädter Lirjon Peci aus. „Wird richtig gut“, weiß der Trainer.

In seiner Akademie hat sich über die Jahre eine Wettkampfgruppe zusammengefunden, Teenager, Erwachsene, Männer wie Frauen. Er hat selbst nicht ahnen können, dass sich hier draußen auf dem Land der Boxsport mit einer Leichtigkeit ansäen lässt. Als er mit seiner Frau Tatjana vor fünf Jahren hierherzog, führte er sein Studio in München weiter. Sie suchten damals nach einem neuen Zuhause abseits der Stadt, um dem Trubel zu entkommen. Penzberg, sagt Markotic, kannte er vom Motorradfahren, die Frau fragte dagegen: „Wo ist das?“ Sie schauten sich dann mal die Wohnung eines Freundes an, der in der Stadt lebt. Was sie sahen, gefiel ihnen so gut, dass sie bald umzogen.

Mittlerweile haben die beiden das Studio in München abgegeben. Auch weil sie Eltern geworden sind. „Ich habe hier alles: Zuhause, Arbeit, Familie“, sagt Mio Markotic. Und jetzt auch noch eine Fight Night, das Projekt seines Herzens. Hier draußen, sagt er, „ist der Ruf noch nicht so verschmutzt“. In Murnau, beim benachbarten Klub, haben sie im Januar nach Jahrzehnten wieder eine Veranstaltung dieser Art aufleben lassen. Was soll man sagen? Es war ein Fest mit einer Stimmung, wie man sie sonst selten zur spüren bekommt. „Es geht um den reinen Wettkampf“, weiß Mio Markotic. Deshalb hat ihn vor 31 Jahren dieser Sport gepackt – und nicht mehr losgelassen.