Ein 60-Jähriger hatte illegale Dateien heruntergeladen. Die Richterin glaubte ihm, dass es ungewollter Beifang war. Die Staatsanwaltschaft erwägt Berufung.
Landkreis –Eine Ausrede, die bei Kinderporno-Fällen vor Gericht nicht zieht: „Es war ein Versehen.“ Viel zu oft haben Richter und Staatsanwälte diesen Versuch in den verschiedensten Varianten schon erlebt, wenn die Kripo Rechner, Handys, Festplatten voller Ekel-Filme beschlagnahmen. „Schon das Herunterladen ist eine Straftat“, setzte Amtsrichterin Anne Leiding ebenso den Ton, als es gegen einen 60-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg ging.
Dieser Freispruch fällt mir schwer.
13 „inkriminierende Dateien“ hatte die Polizei nach einem Tipp des FBI bei einer Durchsuchung seines Büros beschlagnahmt. Er hatte sie größtenteils über die Tauschbörse „eDonkey2000“ heruntergeladen. Dabei hatte die US-amerikanische Bundespolizeibehörde, die einschlägige Plattformen überwacht, seine IP-Adresse aufgezeichnet, die einen Internetanschluss eindeutig identifiziert. Das Material, darauf lassen die Dateinamen schließen, zeigt vorwiegend Mädchen im Teenager-Alter bei sexuellen Handlungen.
Angeklagter verhielt sich kooperativ
Am Ende stand für den Mann ein Freispruch und damit die absolute Ausnahme von der Ausreden-Regel. Trotz „glasklaren objektiven Tatbestands“, wie es Richterin Leiding formulierte. Was den Angeklagten rettete: seine Porno-Sammelwut. Auf acht Festplatten und einem PC hatten die Beamten über 350 000 Fotos und mehr als 50 000 Videos mit – nicht strafbarer – Erwachsenen-Pornografie gefunden, trug ein Gutachter im Prozess vor. Zudem habe eine Analyse seiner Suchanfragen ergeben, dass er nie gezielt nach Material mit Minderjährigen gesucht habe. Ein Polizeibeamter sagte aus, der Mann habe sich schon bei der Durchsuchung „absolut kooperativ“ verhalten, wie jemand, der gar wirklich nicht davon ausging, etwas Unrechtes getan zu haben. „Er hat es nicht auf dem Schirm gehabt“, vermutete der Beamte zu den wenigen illegalen Dateien.
Richterin glaubt an „Beifang“: Freispruch fällt ihr schwer
Dass die wenigen Dateien ungewollter „Beifang“ waren, glaubte schließlich auch die Richterin. „Dieser Freispruch fällt mir schwer“, sagte sie. „Kinderpornos sind eine absolute Seuche.“ In jenem Fall sei aber nicht nachzuweisen, dass der Mann, überschwemmt von seiner Pornoflut, überhaupt Kenntnis von dem unerlaubten Material hatte, was für einen Schuldspruch Voraussetzung sei. Er bekannte zu den sich auf mehrere Jahre Videomaterial summierenden Filmen: „Ich habe sie gesammelt, ohne sie zu sichten.“ Er sei irgendwann auf die entsprechenden Kanäle gestoßen, neugierig geworden, „dann hat sich das verselbstständigt“.
Wenig Verständnis hatte dafür der Staatsanwalt, der auf anderthalb Jahre Bewährungsstrafe für den nicht vorbestraften 60-jährigen Mann plädiert hatte. Die Spurenlage deutete darauf hin, dass einzelne kinder- oder jugendpornografische Dateien gezielt gelöscht geworden seien, was wiederum nahelege, dass der Mann sehr wohl Kenntnis davon gehabt habe, dass einzelne Downloads illegal gewesen seien. Das war der Richterin offenkundig eine Spur zu verwegen argumentiert, zumal der Löschweg nicht eindeutig nachzuvollziehen sei. Die Staatsanwaltschaft hat eine Woche Zeit, gegen den Freispruch in die nächste Instanz zu ziehen.