Höcke-Fan mit radikaler Agenda: Das ist der designierte AfD-Jugendchef

Angesichts der zu erwartenden massiven Straßenproteste in Gießen hat Jean-Pascal Hohm noch schnell das Hotelzimmer storniert, um nicht durch die Blockade zu müssen. Sein Ehrgeiz: die Gründung der neuen Jugendorganisation noch am heutigen Sonnabend über die Bühne bringen.

"Nachwuchs-Schmiede für künftige Amtsträger“

Politisch ist sein Ehrgeiz alles andere als bescheiden zu nennen: "Wir wollen  Nachwuchs-Schmiede für künftige Amtsträger und Mitarbeiter in Ministerien einer künftigen AfD-Bundesregierung sein“, erklärt er im Gespräch mit FOCUS online.

Je erfolgreicher die AfD werde, desto mehr Personal benötige sie. "Wenn es nach ihm gehe, solle sich die Jugendorganisation auf ihren Kernauftrag besinnen, Talente fördern“. Was die Wahl eines Führungspersonals der neuen Organisation angeht, ist Hohm ähnlich optimistisch.

Einen ernsthaften Gegenkandidaten kenne er nicht, höchstens so einen "freien Radikalen“, der aber noch nicht lange in der Partei sei. Ebenso optimistisch ist er, dass er, wenn er zum Chef gewählt wird, auch seine Leute durchkriegt.

Aber was ist das für ein Politiker, der die neue Jugendorganisation anführen wird? Ist die neue Parteijugend wirklich so weit von dem entfernt, was die erste Organisation "Junge Alternative“ ausgemacht hat – eine vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Vereinigung mit besten Beziehungen zur sogenannten "Identitären Bewegung“?

Jean-Pascal Hohm hatte stets gute Kontakte in die rechtsextreme Identitäre Bewegung. Ende 2016 nahm er an einer Sitzblockade der Identitären vor der CDU-Parteizentrale teil. Während eines Fußballspiels in Babelsberg wurde er im Fan-Block mit extremen Rechten gesichtet. 

Die Landtagsfraktion entließ ihn damals. Das hielt den brandenburgischen Bundestagsabgeordneten René Springer und engen Vertrauten von Alexander Gauland, jedoch nicht davon ab, Hohm als Mitarbeiter zu beschäftigen.

Auch im Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz findet Hohm Erwähnung: Am 22. Juni 2022 habe er getwittert: "Das Deutsche Volk als ethnische und kulturelle Gemeinschaft ist nicht verhandelbar. Punkt.“ Der Verfassungsschutz sieht darin ein "verfassungswidriges Volksverständnis“.

Auf eine Frage von FOCUS online dazu widerspricht Hohm: "Für uns gibt es keine Staatsbürger erster oder zweiter Klasse: Wer den deutschen Pass hat, hat dieselben Rechte – egal, woher er oder seine Vorfahren stammen“, so Hohm.

"Es existiert ein ethnokulturelles deutsches Volk"

Gleichzeitig vermeidet er eine Distanzierung von seinem Tweet: "Davon unabhängig existiert ein ethnokulturelles deutsches Volk, zu dem unter anderem auch die im Ausland lebenden ethnischen Deutschen ohne deutschen Pass gehören.“

So versucht Hohm, vor dem Hintergrund von Forderungen, die AfD als verfassungsfeindliche Partei zu verbieten, seine  völkische These vom ethnischen deutschen Staatsvolk zu relativieren. 

Hohm verhält sich bei solchen Fragen professionell und sachlich. Da nur noch Parteimitglieder der AfD Mitglied der Jugendorganisation werden dürfen, soll die Partei auch eine bessere Kontrolle über ihre Jugendorganisation haben.

Hohm spricht kritisch von "Aktivismus“, der die Vorgängerorganisation "Junge Alternative“ zum Problem werden ließ. Die neue Organisation soll weniger aktivistisch und umso professioneller aufgestellt sein, ohne dabei ihren Grad an Radikalität zu verlieren.

So gilt auch der Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD mit diversen Rechtsextremisten wie den Identitären nun auch für die AfD-Jugend und ihre Funktionäre. Und genau dabei müssten sich einige der künftigen Anführer, inklusive Hohm selbst, extrem verrenken.

Denn viele haben nicht nur eine extreme Vergangenheit, sondern pflegen nach wie vor beste Beziehungen zu Rechtsextremisten wie dem Verleger Götz Kubitschek oder dem österreichischen Identitären Martin Sellner.

Dass der Brandenburger Verfassungsschutz Jean-Pascal Hohm selbst als Rechtsextremisten eingestuft hat – genauso wie seinen AfD-Landesverband - ficht Hohm nicht an. Darauf gebe man nichts, denn der Dienst werde ohnehin von der herrschenden Politik gegen die AfD instrumentalisiert. Klassische AFD-Verschwörungstheorien.

Höcke-Fan trotz NS-Provokationen

Hohm möchte offenbar moderater wirken als er ist. Denn er ist bekennender Anhänger des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke, der nicht nur durch eine völkische und in Teilen nationalsozialistische Sprache auffällt, sondern ganz gezielt öffentliche NS-Provokationen begeht. 

FOCUS online wollte genau wissen, wo bei dem neuen Chef der AfD-Jugend die Grenze liegt, und fragte ihn nach einem Fall, den FOCUS online im März dieses Jahres aufgedeckt hatte: Der Thüringer AfD-Stadtrat Alexander Escher soll in zwei Bars die Parolen "Heil Hitler" und "Sieg Heil" gerufen haben. Mittlerweile ist er deshalb angeklagt, aber noch immer AfD-Stadtrat.

Was würde Jean-Pascal Hohm tun, wenn sich ein Mitglied der neuen AfD-Jugend so verhalten würde? „Ich würde mich dafür einsetzen, dass solche Menschen unsere Partei verlassen müssen. Am Ende entscheiden das aber - wie in allen anderen Parteien - die Schiedsgerichte der Partei.“ 

Hohms Antwort klingt gleichermaßen formalistisch wie professionell. In etwa so, wie sich Hohm und seine Parteigänger den künftigen Jugendverband der AfD und im besten Fall auch gleich die gesamte AfD vorstellen.