Trumps Ukraine-Plan: EU-Insider nennt drei Details – „Diktator Putin nicht belohnen“

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Trumps Friedensplan könnte die Ukraine zwischen den USA und Russland zerreiben, sagt der EU-Abgeordnete David McAllister. Er stellt zahlreiche Forderungen.

Brüssel – Der erste Entwurf des sogenannten Friedensplans für die Ukraine von US-Präsident Donald Trump enthielt fast ausschließlich russische Maximalforderungen. Ob das Papier tatsächlich von der US-Regierung stammt, ist unklar. Aber fest steht: Die EU spielt bei den aktuellen Gesprächen eine untergeordnete Rolle. Im Gespräch mit dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA sagt der EU-Abgeordnete David McAllister (CDU), dass Europa die Ukraine in eine bessere Verhandlungsposition bringen muss. Der Ausschussvorsitzende für auswärtige Angelegenheiten attestierte der EU ein zu schwaches sicherheitspolitisches Gewicht auf der internationalen Bühne und fordert ein souveränes Europa.

Wladimir Putin sitzt an einem Tisch.
Trumps Ukraine-Plan: Der erste Entwurf enthielt fast ausschließlich russische Maximalforderungen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin. © Gavriil Grigorov/dpa

Herr McAllister, was haben Sie gedacht, als Sie Trumps vermeintlichen Friedensplan für die Ukraine gelesen haben?

Wir alle wollen Frieden, insbesondere die Ukraine. Dort sind viel zu viele Menschen getötet worden. Entscheidend ist, dass der Frieden dauerhaft, nachhaltig und gerecht wird. Daher bin ich erleichtert, dass die Europäer den ursprünglichen amerikanischen Text verbessert haben und es nun eine solide Grundlage für weitere Verhandlungen gibt.

Trumps Ukraine-Plan: Russland fordert Amnestie für Kriegsverbrechen

Kennen Sie konkrete Details des überarbeiteten Entwurfs?

Offenbar wurden drei entscheidende Punkte geändert. Dass die Ukraine nicht-besetzte Territorien abtreten soll, wurde gestrichen. Ebenso die russische Forderung, dass die Ukraine nicht der NATO beitreten darf. Und drittens soll die ukrainische Armee nicht mehr nur 600.000 Soldatinnen und Soldaten umfassen, sondern bis zu 800.000. Der erste Entwurf enthielt fast ausschließlich russische Maximalforderungen. Diese sind weder für die Ukraine noch für die Europäische Union akzeptabel.  

Im ersten Entwurf forderte Russland eine Amnestie für alle Kriegsparteien – also für seine Kriegsverbrechen.

Die Russische Föderation ist für die schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 verantwortlich. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Wie Sie sagten: Die erste Version beinhaltete fast nur russische Maximalforderungen. Lässt sich daraus nicht ablesen, dass Trump den Krieg in der Ukraine einfach nur beenden will – ungeachtet der Folgen für die Ukraine und Europa?

Die wahren US-Motive sind schwer zu beurteilen. Es ist nicht klar, wer verhandelt hat und aus wessen Feder dieser Entwurf stammt. Diese nebulösen Umstände wurden verstärkt, nachdem Präsident Trump zunächst gefordert hatte, dass die Ukraine diesem Plan bis Donnerstag zustimmen müsse, und er seine selbst gesetzte Frist nur einen Tag später wieder revidierte. Deshalb ist es umso wichtiger, dass in dem neuen Entwurf europäische Punkte deutlich ausgearbeitet sind – mit dem Ziel, die Ukraine vor Russland zu schützen und eine Unterminierung der europäischen Sicherheitsarchitektur zu verhindern.

Trumps Ukraine-Plan: Sicherheitsgarantieren sollten sich an Nato-Artikel 5 orientieren

Dafür wäre eine starke ukrainische Armee unabdingbar.

Ja, die Ukraine muss verteidigungsfähig und weiterhin so stark sein, dass sie die russischen Streitkräfte glaubhaft abschrecken kann. Gleichzeitig benötigt das Land robuste Sicherheitsgarantien.

Wie sollen diese aussehen?

Das bleibt Gegenstand der aktuellen Verhandlungen. Fest steht aber, dass sich entsprechende Garantien an der Logik des NATO-Artikels 5 orientieren sollten.

David McAllister steht im EU-Parlament.
Der EU-Abgeordnete David McAllister ist Ausschussvorsitzender für auswärtige Angelegenheiten. © Privat

Sie sagen, dass Europa am Friedensplan beteiligt werden muss. Aber: Dass die Trump-Regierung diesen Plan mit Russland ohne Europa erarbeitet hat, beweist doch, dass die USA die Europäer nicht als ernstzunehmenden Partner sehen.

Die Nichtmiteinbeziehung der Europäer durch die USA weist auf ein grundlegendes Problem hin: Europa hat auf der internationalen Bühne nicht das erforderliche sicherheitspolitische Gewicht. Und die vergangenen Monate wurden nicht ausreichend genutzt, um uns eine stärkere sicherheitspolitische Stimme zu verleihen. Die USA sind unser wichtigster Verbündeter. Als Europäer haben wir ein ureigenes Interesse daran, die Vereinigten Staaten von Amerika eng an uns zu binden. So sind wir auf wesentliche militärische Fähigkeiten der US-Streitkräfte angewiesen. Gleichzeitig müssen wir mit Hochdruck unsere eigenen Fähigkeiten weiter ausbauen. Europa muss souverän werden.

EU-Abgeordneter McAllister: Ukraine darf nicht von Russland und USA zerrieben werden

Aber der Entwurf ohne europäische Beteiligung zeigt doch, dass Europa in den Augen der USA kein Mitspracherecht hat.

Die Verhandlungen der letzten Tage haben das Gegenteil bewiesen. Der überarbeitete Entwurf zeigt, dass Europa seine sicherheitspolitische Verantwortung wahrnimmt und diese auch einbringen kann. Je vereinter Europa ist und je geschlossener es auftritt, desto geringer ist die Gefahr, dass die Ukraine zwischen den Interessen von Großmächten zerrieben wird. Es gilt der Grundsatz: Nichts darf ohne die Ukraine über die Ukraine entschieden werden.

Sollte dieses Prinzip nicht auch für Europa gelten?

Ja. Niemand darf ohne Europa etwas über Europa entschließen. Daran müssen sich auch die USA halten. Es ist wichtig, dass wir zu einer gerechten und nachhaltigen Friedensordnung auf unserem Kontinent zurückkehren. Der Diktator Wladimir Putin darf nicht für seinen verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Angriff belohnt werden.

Glauben Sie wirklich, dass Putin auf ukrainische und europäische Forderungen eingehen wird?

Die Ukraine muss in einer starken Verhandlungsposition und auf die Augenhöhe mit Russland stehen. Putin muss zu ernsthaften Verhandlungen bereit sein, ansonsten bleibt jede Friedensinitiative ein rein theoretisches Konstrukt.

Dafür könnte der Westen noch viel mehr tun – beispielsweise, indem Deutschlands Kanzler Friedrich Merz der Ukraine den seit Jahren geforderten Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung stellen würde.

Jetzt sind alle auf die Chance einer möglichen Verhandlungslösung fokussiert, um einen Waffenstillstand zu erzielen.

Aber ist Putin tatsächlich daran interessiert? Immerhin könnte er die Angriffe sofort beenden.

Das stimmt. Trotz Gesprächen lässt Putin jeden Tag Kiew bombardieren. Das ist alles andere als ein glaubhaftes Bekenntnis zu echten Verhandlungen über einen Waffenstillstand. Deswegen werden wir die Ukraine weiterhin wirtschaftlich, finanziell, humanitär und militärisch unterstützen. Die Ukrainer verteidigen nicht nur ihre Freiheit, sondern auch die Freiheit Europas – während Putin seine imperialen großrussischen Pläne verfolgt und damit unsere gesamte Sicherheit bedroht.

Aber wie lange kann die Ukraine noch durchhalten? Wolodymyr Selenskyj steht unter enormen Druck. Ein Korruptionsskandal erschüttert seine Regierung, die Armee hat ein massives Personalproblem und der müden Gesellschaft steht der möglicherweise schwerste Kriegswinter bevor. Könnte Selenskyj auch einem für die Ukraine schlechten Abkommen zustimmen?

Die Ukraine befindet sich unter militärischen Dauerdruck. Die zivilen Verluste sind enorm und die wirtschaftliche Basis des Landes ist geschwächt. Wir stehen an der Seite der Ukraine und werden Russland konsequent sanktionieren. Ein Diktatfrieden mit einer geschwächten Ukraine wäre ein dauerhaftes Risiko für Europa und auch nicht im Interesse der USA.

Warum nicht?

Wenn Russland für seinen Angriffskrieg belohnt wird, würde dies anderen autoritären Regimen auf der Welt zeigen, dass Grenzen gewaltsam verschoben werden können. Diese Dynamik gilt es, gemeinsam mit den USA, unbedingt zu verhindern. Autoritäre Staaten schauen ganz genau auf die Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft.