Ruckzuck war der Kanal verlegt – Mit Kraft und Raffinesse grub sich spezielle Maschine durch den Wald

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Kanalverlegung im Pflugverfahren: Die Abwasserleitung wurde mit einem speziellen Pflug verlegt. © dp-pictures

In nur wenigen Tagen wurde der Abwasser-Kanal von Hohenpeißenberg nach Peißenberg gelegt. Dabei kam eine besondere Technik zum Einsatz, die von einer Spezialfirma angewendet wurde. Vertreter der Gemeinden Hohenpeißenberg und Peißenberg besuchten die Bauarbeiten im Wald.

Es herrscht ohrenbetäubender Lärm an diesem Nachmittag im Wald zwischen Hohenpeißenberg und Peißenberg. Eine schwere Zugmaschine steht auf dem abschüssigen Forstweg. Ihre Räder haben sich in den Boden gegraben, die breiten Reifen haben ihre Spuren in der Erde hinterlassen. Die Zugmaschine zieht ein Vehikel, das mit seinen langen Greifarmen und seinen ausgestellten Rädern und dem roten Pflug an ein riesiges Insekt mit einem Stachel erinnert. „Das ist der Verlegepflug“, erläutert einer der Arbeiter.

Besuch im Wald: (V.l.) Tobias Bader, Andrea Ettenhuber, Daniela Pecher, Thomas Dorsch und Frank Zellner besichtigten die Baustelle.
Besuch im Wald: (v.l.) Tobias Bader, Andrea Ettenhuber, Daniela Pecher, Thomas Dorsch und Frank Zellner besichtigten die Baustelle. © dp-pictures

Seine rund fünf Kollegen und er arbeiten für eine Spezialfirma aus Österreich, die im Pflugverfahren Kanäle und Leitungen verlegt. Ingenieur Peter Deubzer, mit dem die Gemeinde Hohenpeißenberg zusammenarbeitet bei dem Vorhaben, einen Kanal zu bauen, der die Abwasserversorgung der Gemeinde Hohenpeißenberg an das Netz der Gemeinde Peißenberg anschließt, wusste von dieser Technik und der österreichischen Spezialfirma und hat vorgeschlagen, dieses minimalinvasive Verfahren anzuwenden – zumindest bei den Bauabschnitten, bei denen es möglich ist. Damit stieß er auf offene Ohren bei der Gemeinde Hohenpeißenberg sowie der Marktgemeinde Peißenberg.

Die Zugmaschine kann eine Last von bis zu 160 Tonnen bewältigen. „Die Kraft braucht es auch, um den Pflug zu ziehen“, erklärt einer der Arbeiter. Schließlich grabe sich dieser 1,20 bis 1,50 Meter tief durch die Erde. Dabei gelte es immer wieder, beträchtliche Widerstände zu überwinden. In die gezogene Furche wird gleichzeitig in hohem Bogen der Kanal eingeführt. Der Kanal, der künftig die Kläranlage Hohenpeißenberg mit der der Marktgemeinde Peißenberg verbindet.

Spezialfirma aus Österreich

Anschließend kommt ein Bagger angefahren, der die Furche wieder zuschaufelt. Danach sieht der Forstweg beinahe aus wie vor den Bauarbeiten. Wer nicht weiß, dass dort gerade ein Kanal verlegt wurde, kommt nicht auf die Idee, dass unter der Erde eine Abwasserleitung verläuft.

Es läuft gut. Die Arbeiten kommen schneller voran, als gedacht. Bald schon ist die Grenze des Hohenpeißenberger Gemeindegebietes erreicht und die Gemarkung Peißenberg beginnt. Um sich ein Bild vom Stand der Verlegung des Kanals zu machen und sich die Pflugtechnik genauer anzuschauen, sind heute die Mitarbeiter des Bauamtes der Gemeinde Hohenpeißenberg Tobias Bader, Andrea Ettenhuber und Daniela Pecher in den Wald gekommen, zudem besichtigen der Hohenpeißenberger Bürgermeister Thomas Dorsch und sein Peißenberger Amtskollege Frank Zellner die Baustelle.

Die Gemeinde Hohenpeißenberg musste in Sachen Abwasserbeseitigung tätig werden, nachdem klar war, dass die Kläranlage des Ortes an ihre Grenzen stößt und der Eierbach, der als Vorfluter für das gereinigte Abwasser dient, auf Dauer dafür nicht mehr infrage kommt. Vor rund vier Jahren war bekanntgegeben worden, dass die Gemeinden Peißenberg und Hohenpeißenberg eine Abwasser-Ehe eingehen möchten. Damals war aber noch nicht klar, ob der Anschluss der Kläranlage Hohenpeißenberg an die Kläranlage Peißenberg technisch überhaupt möglich sein würde.

Ausführliche Planungen

Nach ausführlichen Planungen und teilweise zähen Verhandlungen mit Grundstückseigentümern, war im Herbst 2024 schließlich eine Trasse gefunden, für die alle Grundstücke zur Verfügung standen, und die technisch funktioniert. „Wäre das nicht so gewesen, wäre das Projekt gescheitert“, sagt Dorsch beim Besuch der Bauarbeiten. Eine Trasse quer durchs Gelände zu ziehen, wäre aus Gründen des Naturschutzes nicht möglich gewesen, ergänzt Ettenhuber. Auch diese Trasse sei in enger Absprache mit den Naturschutzbehörden gewählt worden, die auch die Ausführung der Arbeiten begleiten. Der Artenschutz spiele eine wichtige Rolle bei Vorhaben wie dem Kanalbau, sagt Ettenhuber: „Es muss auf alle Arten Rücksicht genommen werden.“ Unter anderem die streng geschützte Gelbbauchunke lebe in dem Gelände, durch das der Kanal verläuft, und müsse geschützt werden.

Plötzlich wird es still, der Motor der Zugmaschine schweigt. Die Arbeiten sind gut vorangekommen heute. Bald ist Feierabend für die Spezialisten aus Österreich. Demnächst machen sie sich auf in ihr Hotel in der Nähe.

Inzwischen ist der Kanal von der Kläranlage Hohenpeißenberg an der Anschlussstelle bei der Firma „EVN“ in Peißenberg angekommen. Im Frühjahr soll er in Betrieb gehen.