Denkfabrik: Putins größter Albtraum könnte wahr werden

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Putins Krieg treibt die Ukraine immer näher an Europa – mit weitreichenden Folgen. © © IMAGO / ZUMA Press

Putins Krieg treibt die Ukraine immer näher an Europa – mit weitreichenden Folgen.

Es dürfte Wladimir Putins größter Albtraum sein: als der russischer Präsident in die Geschichte einzugehen, der die Ukraine „verloren“ hat. Doch genau das droht jetzt. Seit Beginn der Großinvasion im Februar 2022 hat sich das Land rasant verändert – nicht nur an der Front. Immer mehr Menschen, Städte und Unternehmen orientieren sich Richtung Westen. Der Einfluss Russlands schrumpft. Eine Analyse der US-Denkfabrik Atlantic Council zeigt, wie sich die Ukraine durch den Krieg neu erfindet – und warum das für Putin ein historisches Problem werden könnte.

Moskaus Plan geht nicht auf

Putins Krieg gegen die Ukraine sei nicht aus dem Nichts gekommen, schreibt der Atlantic Council. Schon lange davor habe der Kreml versucht, das Nachbarland politisch zu kontrollieren – mit Druck, Einfluss und später mit militärischer Gewalt. Als die Ukraine sich nach der Revolution 2014 deutlich dem Westen zugewandt habe, habe Russland die nächste Eskalationsstufe gezündet.

Doch der Plan scheine nicht aufzugehen. Zwar kontrollierten russische Truppen rund ein Fünftel des Landes, doch in den übrigen Gebieten sei die Stimmung eindeutig: Weg von Moskau, hin zu Europa. Für viele Menschen seien die Kriege von 2014 und 2022 Wendepunkte gewesen, die das Verhältnis zu Russland dauerhaft verändert hätten – so die Analyse des Atlantic Council.

Westen wird Zentrum, Osten verliert an Bedeutung

Lange galten Städte wie Donezk, Dnipro oder Saporischschja im Osten als politisches und wirtschaftliches Rückgrat der Ukraine. Heute liege der Fokus im Westen – in Städten wie Lwiw, rund 70 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt.

Lwiw wachse stark: Seit Kriegsbeginn sei die Einwohnerzahl um rund ein Viertel gestiegen. Immobilienpreise und Neugründungen hätten laut Bericht deutlich zugelegt. Auch international sei die Stadt sichtbar: Einige Botschaften, die Kiew 2022 verlassen hätten, hätten sich dort niedergelassen. Lwiw habe zudem mehrere hochrangige Treffen ausgerichtet – darunter auch EU-Gipfel.

Nähe zur EU verändert die Karte

Die Nähe zur EU sei ein klarer Vorteil für die Westukraine, so der Atlantic Council. Neue Bahnverbindungen und Großprojekte sollen die Region enger mit Europa verbinden. Eine Strecke bis zur slowakischen Grenze sei bereits auf europäische Spurweite umgebaut, eine Verbindung nach Polen geplant.

Das Ziel sei klar: EU-Mitgliedschaft. Wann das passiert, sei zwar offen – doch die Hoffnung sei greifbar. Gerade für die Westukraine bedeute das einen tiefgreifenden Wandel. Und für Wladimir Putin: eine Entwicklung in genau die Richtung, die er mit seinem Krieg verhindern wollte.

Ein möglicher Friedensplan, wie ihn die Regierung von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen hat, stößt in Moskau daher auf merklichen Widerstand. Der Entwurf sieht Medien zufolge unter anderem vor, dass sich beide Seiten zur gegenseitigen Souveränität bekennen und auf Angriffe verzichten. Die Ukraine solle dauerhaft auf einen NATO-Beitritt verzichten. Russland wiederum solle per Gesetz erklären, keine Aggressionen mehr gegen Europa oder die Ukraine zu führen.

Im europäischen Gegenvorschlag zu einem Friedensplan heißt es nun, dass die Ukraine berechtigt ist, der EU beizutreten, und während der Prüfung ihres Antrags kurzfristig bevorzugten Zugang zum europäischen Markt erhalten soll.

Vor diesem Hintergrund dürfte Putin laut Atlantic Council bewusst sein, dass die Ukraine nach dem Krieg ihren Platz im Westen finden und sich dauerhaft von Russland abwenden wird – es sei denn, es gelingt ihm, den ukrainischen Staat vollständig zu zerschlagen. Ein Kompromissfrieden würde ihn in der russischen Geschichte als den Mann erscheinen lassen, der die Ukraine verloren hat, so die Analyse. (Dieser Artikel entstand in Kooperation mit newsinfive.de.)