Beim BVB entflammen 7 Brandherde – jetzt führt Kovac sogar eigenen Spieler vor

"Die Stimmung ist gerade am Boden", sagte Borussia Dortmunds Maximilian Beier nach dem aufwühlenden Finale im Bundesliga-Spiel gegen den VfB Stuttgart am Samstag. Eine nachvollziehbare Aussage, wenn man die Dramatik der letzten Minuten betrachtet. 

"Es ist scheiße. Du machst in der 90. das Tor und kassierst in der 90. den Ausgleich", so Beier. Karim Adeyemi hatte den BVB in der 89. Minute mit 3:2 in Führung gebracht. Der vermeintliche Siegtreffer – doch nur wenige Augenblicke später vollendete Deniz Undav seinen Dreierpack. Remis, Punkteteilung, miese Stimmung.

Für die Ambitionen der Dortmunder definitiv zu wenig, sie fielen hinter Bayer Leverkusen auf Platz vier in der Tabelle zurück. Auf Spitzenreiter FC Bayern fehlen bereits neun Punkte. Meisterkampf ist etwas anderes.

1. BVB-Brandherd: Kovacs Bloßstellung

Den hatte Beier selbst bereits nach drei Spieltagen ausgerufen. Seine Meisteransage kam damals schon bei seinem Cheftrainer nicht gut an, schnell wurde er wieder eingenordet.

Auch jetzt ist es Niko Kovac, der seinen eigenen Spieler nicht nur verbal einfängt, sondern ihn auch scharf angeht, gar verhöhnt. "Ich weiß nicht, wie alt Maxi ist – 21, 22, 23. Am Anfang der Saison hat er gesagt, wir wollen Meister werden, jetzt sind wir am Boden. Ihr müsst nicht immer alles glauben, was der Junge sagt. Wahrscheinlich hat er zu viel Laktat im Körper, dann funktioniert das nicht so ganz. Wir sind mit Sicherheit nicht am Boden." 

Eine unnötig harte Zurechtweisung des Kroaten, dem so langsam die Situation aus den Händen zu gleiten scheint. Kovac hatte die Hoffnungen in Dortmund nach einer spektakulären Aufholjagd in der vergangenen Rückrunde hochgeschraubt und sich einen langfristigen Vertrag bis 2027 verdient. Dies sollte nach zwei Trainerwechseln innerhalb eines Jahres für Ruhe sorgen.

Ruhe herrscht in dieser Saison aber selten in Dortmund. Um Kovac sind mehrere Brandherde entfacht, bei denen er teils selbst weiteres Öl ins Feuer gießt – wie nun bei Beier.

2. BVB-Brandherd: Adeyemis Waffen

Selbst während der sonst so ruhigen Länderspielpause herrschte plötzlich Alarmbereitschaft an der Strobelallee. Die Waffen-Affäre von Nationalspieler Karim Adeyemi überrumpelte BVB wie DFB und wird auch in den kommenden Tagen ein Thema bleiben.

BVB-Profi und Nationalspieler Karim Adeyemi
BVB-Profi und Nationalspieler Karim Adeyemi Getty

Wie geht Kovac mit dieser Situation um? Gegen Stuttgart ließ er den zuletzt auch sportlich kriselnden Angreifer zunächst draußen, ehe er nach seiner Einwechslung in der Schlussphase fast zum Matchwinner wurde. Der Fall Adeyemi bleibt nach den jüngsten Entwicklungen vorerst eine Mystery-Box.

3. BVB-Brandherd: Schlotterbecks Zögern

Eine positive Sache hat das Ganze für den BVB: Aktuell redet fast niemand über Nico Schlotterbeck. Dortmund will seinen 2027 auslaufenden Vertrag unbedingt vorzeitig verlängern, der Innenverteidiger lässt sich aber Zeit.

Europas Topklubs stehen bereit und scharren mit den Hufen. FC Bayern, FC Liverpool, FC Barcelona, Real Madrid – sie alle wollen den DFB-Verteidiger.

Dortmunds Abwehrchef Nico Schlotterbeck zögert aktuell mit einer Vertragsverlängerung - das liegt wohl auch am Spiel unter Trainer Niko Kovac.
Dortmunds Abwehrchef Nico Schlotterbeck zögert aktuell mit einer Vertragsverlängerung - das liegt wohl auch am Spiel unter Trainer Niko Kovac. IMAGO / Oliver Ruhnke

Aber wieso zögert Schlotterbeck, der beim BVB als wichtiger Führungsspieler und künftiger Kapitän gesehen wird? Laut "Bild" ist der 25-Jährige mit der taktischen Ausrichtung des Trainers unzufrieden. Dortmund kann unter Kovac selten fußballerisch überzeugen. Schlotterbeck will Titel gewinnen. Die Zweifel, dass dies kurzfristig beim BVB gelingt, wachsen.

4. BVB-Brandherd: Guirassys Torkrise

Vor allem in der Offensive hakt es zu häufig. Der BVB ist unter Kovac ergebnisorientiert, ein Spektakel wie gegen Stuttgart hat da Seltenheitswert. Gegen den HSV stellten die Dortmunder nach dem Führungstreffer sämtliche Offensivbemühungen ein und wurden in der Nachspielzeit bestraft.

Serhou Guirassy wird dabei immer mehr zum Gesicht der Offensivschwäche. In der Vorsaison war der ehemalige Stuttgarter noch Dortmunds größte "Lebensversicherung", wie ihn Kovac selbst taufte. Auch in dieser Spielzeit ging es mit fünf Toren in den ersten vier Pflichtspielen gut los. Guirassys Ausbeute seit Mitte September? Zwei Treffer.

Serhou Guirassy (m.) trifft nicht mehr
Serhou Guirassy (m.) trifft nicht mehr Imago

Gegen seinen Ex-Klub durfte der Stürmer erstmals im November wieder jubeln – aber nur kurz. Sein Tor wurde wegen einer Abseitsposition einkassiert. Symbolisch für Guirassys Krise.

5. BVB-Brandherd: Kein Sieg gegen Topklubs

So geht bei aller Ergebnisorientierung nun auch eine Ergebniskrise einher. Der Spielraum für Fehler ist zu gering. Nur 1:1 in Hamburg, nun 3:3 gegen Stuttgart. 

Ein Blick auf Tabelle sollte alle Dortmund-Fans beunruhigen. Nicht, weil der BVB nur auf Platz vier liegt; sämtliche Saisonsiege gelangen gegen Vereine der unten Tabellenhälfte. Das derzeit bestplatzierte Team, das die Kovac-Elf bezwang, ist Union Berlin auf Platz acht. Die anderen Dreier: St. Pauli (Platz 16), Heidenheim (18), Wolfsburg (15), Mainz (17), Köln (10), Augsburg (13). Kategorie Pflichtsiege.

Im DFB-Pokal brauchte es gegen RW Essen (1:0) und Eintracht Frankfurt (4:2 n.E.) eine gehörige Portion Glück. In der Champions League klappt es immerhin mit dem Toreschießen, 12 Treffer in den ersten drei Spielen. Zuletzt gab es gegen Manchester City aber eine Lehrstunde.

Auch hier: Der BVB schlägt die Teams, die er nach den eigenen Ansprüchen schlagen muss (Bilbao und Kopenhagen), patzt aber gegen große Namen (4:4 gegen Juventus Turin, 1:4 gegen ManCity). Sind das die Ergebnisse einer europäischen Spitzenmannschaft?

6. BVB-Brandherd: Watzkes Wahl

Bei all der sportlichen Unruhe sollte man meinen, dass wenigstens die Wahl von Vereinslegende Hans-Joachim Watzke zum Präsidenten reibungslos verlaufen würde. Aber denkste! Vielmehr kassierte Watzke auf der Mitgliederversammlung am Sonntag von den BVB-Mitgliedern einen ordentlichen Denkzettel.

Nur 59 Prozent aller Stimmen entfielen auf ihn, dabei war er ohne Gegenkandidat angetreten. Watzke nahm das bittere Ergebnis sichtlich getroffen auf.

Hans-Joachim Watzke wurde bei der Mitgliederversammlung zum neuen BVB-Präsidenten gewählt
Hans-Joachim Watzke wurde bei der Mitgliederversammlung zum neuen BVB-Präsidenten gewählt Bernd Thissen/dpa

Der langjährige Geschäftsführer wird vor allem von Dortmunds organisierter Fanszene immer kritischer gesehen. Zwischenzeitlich stand selbst eine Wiederwahl von Ex-Präsident Reinhold Lunow im Raum, was durchaus als Meuterei gegen Watzke verstanden werden durfte. Der "Wahlkampf" entwickelte sich zu einer Schlammschlacht, ehe sich Lunow zurückzog.

7. Brandherd: Missbrauchsskandal erschüttert

Großes Thema auf der Mitgliederversammlung war auch der Missbrauchsskandal aus den 1980er- und 1990er-Jahren, der erst vor kurzem öffentlich gemacht wurde. 

Ein langjähriger und hochrangiger BVB-Mitarbeiter steht unter Verdacht, Sexualstraftaten gegen minderjährige Jugendspieler und Fans begangenen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Hagen ermittelt nun auf Grundlage von drei Strafanzeigen gegen den heute 87-Jährigen.

Der BVB steht aufgrund mangelnder Aufklärung in diesem Fall in der Kritik, so auch Watzke als langjähriger Geschäftsführer der ausgegliederten Kapitalgesellschaft. 

Dieser zeigte sich am Sonntag erschüttert von dem Fall. "Das ist etwas, was mich tief getroffen hat", erklärte Watzke und versprach eine lückenlose Aufarbeitung: "Wenn es Versäumnisse gegeben hat – und die hat es offenbar gegeben –, dann werden wir die abstellen. Denn sowas darf es bei Borussia Dortmund nicht mehr geben."