Bayerns größte Legenden machen Hoeneß' Lebenstraum immer mehr zunichte

Uli Hoeneß, 73, ist seit sechs Jahren "nur" noch Ehrenpräsident des FC Bayern, ohne operative Funktion im Klub. Tatsächlich blieb Hoeneß in seiner Paraderolle als Hoeneß natürlich Hirn, Herz, Bauch, Lunge, Seele. Und vieles mehr.

Im "OMR Podcast" hat der Bayern-Patron jetzt ausführlich gesprochen, über eine Bundesliga-Revolution, über den Red-Bull-Abgesandten Jürgen Klopp und über einen eigenen "Denkfehler", wie Hoeneß es nannte – den Umstand, dass es aktuell keine jüngere Version seiner selbst gibt.

Und keine jüngere Version von Franz Beckenbauer. Und von Karl-Heinz Rummenigge. Dass also keiner der ehemaligen Spieler-Granden den Verein führt, wie es diese Troika über Ewigkeiten gemacht hatte.

Uli Hoeneß: "Spieler, die heute aufhören, haben 60, 70 Millionen auf der Bank"

"Beckenbauer, Rummenigge, Paul Breitner, ich – wir haben für damalige Verhältnisse gut verdient", sagte Hoeneß. Ich habe in der Spitze etwa 300.000 bis 400.000 Mark brutto im Jahr verdient. Und es war mir klar, wenn ich mal aufhöre, muss ich hart arbeiten, um den Wohlstand meiner Familie zu erhalten." Diese Gleichung – das meinte Hoeneß mit "Denkfehler" – greife heute nicht mehr.

"Spieler, die heute nach zehn Jahren aufhören, die haben 60, 70 Millionen auf der Bank", sagte er. "Die haben nicht den Druck, unbedingt arbeiten zu müssen. Und das ist das größte Problem. Man kann nur erfolgreich sein, indem man gnadenlos hart arbeiten will." Außerdem hätten es die meisten schlicht "nicht drauf", einen Job zu erledigen, der "Minimum" zwölf Stunden am Tag fülle, sechs Tage die Woche.

Uli Hoeneß neben Oliver Kahn auf der Tribüne der Allianz Arena
Uli Hoeneß neben Oliver Kahn auf der Tribüne der Allianz Arena imago images/Sammy Minkoff

Hoeneß stieg 1979 als Manager beim FC Bayern ein, später gründete er eine Wurstfabrik. Heute hätten sich die gesellschaftlichen Dynamiken verändert. "Bei uns ist eine allgemeine Zufriedenheit schon zu spüren", insistierte er. "Deswegen haben wir auch viele junge Leute, die gar nicht mehr leistungsbereit sind, Fußballprofis zu werden."

Nach der Ära Hoeneß/Rummenigge war Torwart-Idol Oliver Kahn zum Vorstandschef avanciert, Hoeneß wähnte sich am Ziel. Dann holte ihn die Realität ein – beziehungsweise sein Anspruch, der im Kern darin besteht, dass Hoeneß den Verein in Hoeneß-Manier gelenkt sehen will. Kahn hielt sich keine zwei Jahre im Amt. Die internen Differenzen waren, nun ja: marianengrabentief.

"Muss ich dann jeden Tag da sein?", fragte Schweinsteiger und lehnte den Job ab

"Das hat leider nicht funktioniert, das muss man deutlich sagen", meinte Hoeneß und präzisierte: "Oliver hat meiner Meinung nach eine ganz andere Vorstellung von einem Fußballverein gehabt, hat das Management sehr anders aufgebaut, vor allen Dingen mit vielen Beratungsfirmen. Hier sind ja mehr McKinseys aufmarschiert als sonst was. Für diese Dinge wurde viel Geld ausgegeben."

Inzwischen sei er "total im Reinen" mit Kahn. Dessen Nachfolger wurde Jan-Christian Dreesen, ein gelernter Banker, der einen "tollen Job" mache, wie Hoeneß lobte. Und dennoch lebt sein "Traum" weiter, immer weiter: "An der Spitze sollte einer sein, der selbst gespielt hat." Nur wer?

Ein Foto aus dem Jahr 2019: Uli Hoeneß (l.) mit Thomas Müller (M.) und Ministerpräsident Markus Söder
Ein Foto aus dem Jahr 2019: Uli Hoeneß (l.) mit Thomas Müller (M.) und Ministerpräsident Markus Söder dpa/Peter Kneffel

Vor einigen Monaten, erzählte Hoeneß im Podcast, habe er Bastian Schweinsteiger gefragt, ob die Position als Teambetreuer nicht etwas für ihn sei. Der 2019 als Fußballprofi zurückgetretene Weltmeister sei interessiert gewesen, hätte aber zurückgefragt: "Muss ich dann jeden Tag da sein?" Als Hoeneß dies bejahte, habe Schweinsteiger abgelehnt.

Schon 2017 galt Philipp Lahm als Manager-Kandidat, damals konnten sich Hoeneß und Rummenigge nicht einigen (und Lahm wollte dem Vernehmen nach direkt Sportvorstand werden, nicht Sportdirektor, allerdings ohne Ausbildung). Der Kompromiss hieß Hasan Salihamidzic, noch eine Klub-Legende. Aber auch: ein Berufsanfänger. 2020 gelang unter der Regie von Kahn und Salihamidzic der Champions-League-Triumph, das vergessen viele. Trotzdem wurde Salihamidzic 2023 gemeinsam mit Kahn entlassen.

Hoeneß wollte Müller "auf unsere Kosten durch die Weltgeschichte schicken"

Neuer Versuch bei Thomas Müller. Dem Bayern-Rekordspieler sei im vergangenen Sommer offeriert worden, "dass wir ihn auf unsere Kosten ein Jahr lang durch die Weltgeschichte schicken", wie Hoeneß es formulierte. Die Idee: Müller solle sich große Vereine "in der NFL, der NBA, der NHL" ansehen und dann, nach seiner Rückkehr, ins Münchner Management einsteigen. "Aber er hat mir gesagt: Noch nicht." Der Fan-Liebling setzte seine Spielerkarriere lieber bei den Vancouver Whitecaps fort, "das haben wir so akzeptiert".

Nicht ausgeschlossen, sogar sehr wahrscheinlich, dass Müller und die Bayern irgendwann doch zusammenfinden. Aber ob Müllers Stil auch ein Stil sein wird, der Hoeneß genehm ist? Niemand weiß es.