Liebe ARD und ZDF: Für unsere 8,6 Milliarden Euro erwarten wir diese 10 Schritte
Macht, was Ihr könnt: Fernsehen. Der Moderator Louis Klamroth ist für immer mehr Zuschauer ein rotes Tuch mit seinem „Hart aber fair“. Die Zahl seiner Montagstalks im Ersten soll nächstes Jahr auf 15 Ausgaben zusammengestrichen werden. Das ist gut so. Sein Millionengehalt, das er laut Berichten bekommt für die kommenden zwei Jahre, wird ihm dafür in der Mediathek zugeschoben – ein Ärgernis für jeden Fernsehzuschauer, dem Abend für Abend ein Not-Programm ins Wohnzimmer geliefert wird. Wer sparen soll, muss sich aufs Kerngeschäft konzentrieren. Alles andere gefährdet die Existenz.
Seid mutig: Fernsehsender sind Brutstätten einer Verantwortungsvermeidungskultur. Fehler sind gefährlich, Risiko ist Teufelszeug. Wer in diesem System ganz sicher sein will, dass er keinen Fehler macht, der macht – nichts. Mit ein paar Meetings und einem Besuch in den immer noch gut bestückten Kantinen lässt sich nicht nur der Magen füllen, sondern auch gleich der ganze Arbeitstag. „Jede Schöpfung ist ein Wagnis“, hat der Dichter Christian Morgenstern gesagt. In einem eigentlich kreativen Beruf nichts zu wagen, ist praktizierte Lebenszeitverschwendung – auf Kosten der Gebührenzahler.
Der Zuschauer ist der Kunde. Um ihn geht es. In immer mehr öffentlich-rechtlichen Dokumentationen und Reportagen sehen wir Reportern zu, wie sie zum Telefon greifen. Wir bekommen Bilder vorgesetzt, wie sie sich hinters Autosteuer klemmen. Wir hören die Beschreibung, wie sie den Weg zu ihrem Ziel finden. Wir schauen zu, wie sie vergebens neben einer versperrten Tür den Klingelknopf drücken. Dieser selbstgefällige Tätigkeitsnachweis mag schön sein für den Fernsehschaffenden. Für den Zuschauer ist die eitle Selbstbespiegelung eine Seuche.
Wagt Euch an den Bildungsauftrag: Fernsehen kann großartig sein – auch noch anno 2025. Ein Beispiel hat die ARD gerade mit „Nürnberg 45 – Im Angesicht des Bösen“ geliefert. Zum Jahrestag der Nürnberger Prozesse gegen die führenden Massenmörder der Nazi-Zeit sind da beklemmende 89 Minuten packendes Geschichtsfernsehen entstanden. Und besonders bemerkenswert - 2,5 Millionen Zuschauer beweisen: Geschichtsaufklärung kann Quote bringen.
Gönnt Euch Klugheit: Die Vielfalt der öffentlich-rechtlichen Talkshows produziert Einfalt. Die immergleichen Gäste rutschen ihre Hintern von Fernsehsessel zu Fernsehstuhl, um die immergleichen Parolen abzuliefern. Wie anders war gerade bei „Caren Miosga“ der Erfolgsautor Ferdinand von Schirach. Leise im Ton, aber spitz im Gedanken hat er nicht weniger vorgeschlagen, als eine Staatsreform, um die Handlungsfähigkeit der Politik zu stärken – sieben Jahre Amtszeit für den Kanzler, drei Gesetze ohne Parlament, parallele Länderwahlen, um den Reformen verhindernden Dauerwahlkampf zu beenden. Denker anstelle von Quasslern: Wie wohltuend ein von Schirach für den Zuschauer ist, hat die ihm zur Seite gesetzte Ricarda Lang im Kontrast eindrucksvoll bestätigt: Lang liefert Wörterduschen mit Denktröpfeln.
Wagt Vielfalt! Der Zuschauer braucht keine aufgesetzten Lebenswelten, die ihm bunt und divers einen Möchtegern-Alltag vorspielen. Was ihm wirklich fehlt, ist eine Diversität des Denkens, ein Wettstreit von Positionen, Vielfalt für den Kopf. Die Auswahl, was und wen er für glaubwürdig hält, kann man getrost dem Zuschauer überlassen. Die meisten Menschen sind nicht blöd; sie werden nur für blöd verkauft.
Verteidigt Eure Glaubwürdigkeit: 61 Prozent der Deutschen vertrauen den Berichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Das ist, gerade in Zeiten von Fake-News, immer noch ein Spitzenwert und eine beeindruckende Stärke, die nicht durch Meinungs-, Bekenntnis- und Überzeugungsjournalismus zerstört werden darf. Zeigt der Welt, wie sie ist – und nicht, wie Ihr sie wollt.
Habt Spaß am Job! Es gibt ein Perpetuum mobile der Kreativität. Freiheit schafft Freude. Freude schafft Erfolg. Erfolg schafft wieder Freiheit. Dieser simple Kreislauf ist es, der Ideen erst in Schwung und dann in die Wirklichkeit bringt.
Seid anders! Ein Rundfunk, der vom Zuschauer und Zuhörer mit 8,6 Milliarden Euro finanziert wird, ist nicht nur Verpflichtung – er macht auch frei, nicht jedem Werbekunden und jedem Trend hinterherlaufen zu müssen. Wir haben Hunderte Programme. In diesem Brei des Ewiggleichen ist das Überraschende die Chance.
Pflegt Eure Wurzeln: Jeder Koch, der auf sich hält, kocht heutzutage „regional“. Die Nähe seiner Produkte ist für ihn ein Qualitätsmerkmal. Fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen ist die Nähe zu seinen Zuschauern eine Qualitätschance. Da muss niemand das Lamento anstimmen, dass mit der Rundfunkreform gespart werden muss. Tatsächlich braucht niemand die sorgfältig gepflegten und hartnäckig verteidigten Parallelstrukturen der Landessender. Die Nähe der Landesstudios zu ihren Zuschauern kann Bodenhaftung bieten in Zeiten der Beliebigkeit. Regionalität ist die Chance, die gerade die ARD einzigartig machen kann– und damit eine Existenzberechtigung verschafft auf Dauer.