Die Ukraine gerät durch einen angeblich von der US-Führung mit Moskau im Geheimen ausgehandelten Friedensplan in Bedrängnis.
Kiew/Washington – Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt – doch hinter den Kulissen scheint über ein mögliches Ende des Ukraine-Kriegs verhandelt worden zu sein. Die Ukraine trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt. Von dem angegriffenen Land verlange der Rahmenentwurf große Zugeständnisse, berichtete die Financial Times unter Berufung auf am Gesprächsprozess beteiligte Personen: Die Ukraine solle die umkämpften Gebiete Donezk und Luhansk vollständig räumen und ihre Armee halbieren.
Vor dem Hintergrund der Berichte steht für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am heutigen Donnerstag (20. November) in Kiew ein Treffen mit einer US-Militärdelegation an. In Brüssel kommen unterdessen die EU-Außenminister zu Beratungen zusammen.
US-Vorschlag zu Gebietsverzicht und Armee-Verkleinerung: Führung in Kiew angeblich informiert
Das Nachrichtenportal Axios in Washington berichtete, der Plan sei Ende Oktober von Steve Witkoff, dem Sondergesandten von US-Präsident Donald Trump, und dem Moskauer Vertreter Kirill Dmitrijew ausgehandelt worden. Den Angaben nach soll Witkoff die Überlegungen dem Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, Rustem Umjerow, zur Kenntnis gegeben haben.
In Moskau sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, es gebe zwischen Russland und den USA keine neuen Vorschläge für ein Kriegsende. Es gelte weiter, was von Kremlchef Wladimir Putin und Trump bei ihrem Gipfel in Alaska im August besprochen worden sei. Der neue Plan entspricht nach Einschätzung der Financial Times weitgehend bekannten russischen Forderungen an Kiew.
Angeblicher Friedensplan im Ukraine-Krieg: Putin will Russisch als Staatssprache
Moskau soll demnach die Teile von Donezk und Luhansk bekommen, die es bislang nicht erobern konnte. Allerdings sollen sie demilitarisiert werden. Die südliche Frontlinie durch die Gebiete Saporischschja und Cherson soll weitgehend eingefroren werden. Der Ukraine droht demnach auch Begrenzungen der Reichweite ihrer Waffen.
Dem Bericht zufolge wird ebenfalls gefordert, dass Russisch als Staatssprache anerkannt und die frühere moskautreue orthodoxe Kirche wieder zugelassen werde. Die Kiewer Führung versucht, diese Kirche als Sicherheitsrisiko zu verbieten. Über einen militärischen Rückzug der Ukrainer hatte Trump schon früher gesprochen und es Gebietsaustausch genannt.
Absprachen zwischen USA und Russland zum Ukraine-Krieg: Kiew doppelt unter Druck
Die angebliche Wiederannäherung zwischen Washington und Moskau trifft die Ukraine in einem doppelt ungünstigen Moment. An der Front im Osten ist der Fall der lange umkämpften Stadt Pokrowsk nur noch eine Frage der Zeit. Innenpolitisch steht Selenskyj unter Druck wegen eines Korruptionsskandals, der bis in sein Umfeld reicht.
Wolodymyr Selenskyj: Nur Donald Trump kann Ukraine-Krieg beenden
Eine direkte Reaktion der Ukraine auf den amerikanisch-russischen Plan gab es nicht. Selenskyj beschwor jedoch Trump, sich für einen gerechten Frieden im Ukraine-Krieg einzusetzen. „Nur Präsident Trump und die USA haben genügend Kraft, dass dieser Krieg zu einem Ende kommt“, schrieb er in sozialen Netzwerken.
In den europäischen Hauptstädten war zu dem Plan wenig bekannt. Aus EU-Kreisen in Brüssel hieß es, dass es Gespräche der USA mit beiden Kriegsparteien gebe, den neuen Plan habe man aber noch nicht gesehen, berichtete die dpa.
Das Nachrichtenportal Politico zitierte einen nicht genannten Vertreter der Trump-Administration mit der Einschätzung, dass Selenskyj unter dem Druck innen und an der Front einlenken müsse. Die gemachten Vorschläge seien vernünftig. Auf die europäischen Verbündeten sei dabei kaum Rücksicht genommen worden. (Quellen: Reuters, AFP, dpa) (frs)