Korruptionsskandal in der Ukraine: Muss Selenskyj jetzt seinen engsten Vertrauten entlassen?

Über 80 Millionen Euro aus dem ukrainischen Energiesektor sollen durch Geschäftsleute und Beamte veruntreut worden sein. Andrij Jermak, Leiter des Präsidialamts der Ukraine, wird dabei laut "Telegraph" beschuldigt, Anti-Korruptions-Ermittlungen behindert zu haben, obwohl ihm keine persönliche Bereicherung vorgeworfen wird. Laut anonymen Quellen könnte die Regierung in Kiew zerbrechen, sollte Selenskyj nicht handeln. "Unsere Feinde wittern Blut", zitiert der "Telegraph" einen Insider.

Besonders brisant ist der Skandal, da die Ukrainer aufgrund russischer Angriffe auf die Infrastruktur täglich mit Stromausfällen kämpfen. Die Nationale Anti-Korruptionsbehörde der Ukraine (Nabu) veröffentlichte kürzlich Ergebnisse einer 15-monatigen Untersuchung. 

Russische Angriffe auf Kiew
Russische Angriffe auf Kiew Uncredited/AP/dpa

Vertrauter des Präsidenten im Mittelpunkt der Affäre

Im Mittelpunkt der Affäre steht ein weiterer Vertrauter Selenskyjs, Timur Minditsch. Ihn beschuldigen Ermittler der weitverzweigten Korruption. Er hat das Land nach Angaben des Nabu-Chefermittlers Oleksander Abakumo kurz vor Hausdurchsuchungen verlassen. Dem Staatsanwalt zufolge übte Minditsch "Kontrolle über die Anhäufung, Verteilung und Legalisierung von Geldern aus, die durch kriminelle Handlungen im Energiesektor der Ukraine erlangt wurden".

Er wird zudem verdächtigt, Entscheidungen hochrangiger Regierungsbeamter beeinflusst zu haben, darunter Ex-Verteidigungsminister Rustem Umerow, der mittlerweile den nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat leitet. Ebenfalls zu den Verdächtigen in dem Fall zählt den Behörden zufolge der frühere Vize-Regierungschef Oleksij Tschernyschow. 

Skandal trifft Ukraine in heikler Phase

Laut dem "Telegraph" fordern einige Abgeordnete nun auch Jermaks Rücktritt. Die Vorwürfe gegen den Leiter des Präsidialamts reichen bis in den Sommer zurück. Damals wurde ihm bereits vorgeworfen, Anti-Korruptionsbehörden in der Ukraine geschwächt zu haben. Zudem wird er für seine Machtfülle während des Krieges mit Russland kritisiert. 

Der Skandal trifft die Ukraine in einer heiklen Phase. Angesichts eines massiven Haushaltsdefizits ist das Land auf Milliardenhilfen seiner westlichen Partner angewiesen. Die Enthüllungen könnten das Vertrauen der Verbündeten in die ukrainische Regierung erschüttern.