Zwölf Betankungen im Orbit, zahlreiche gescheiterte Tests und ein wachsender Zeitdruck – ein geleaktes SpaceX-Dokument zeigt, warum die Mondlandung in Gefahr ist.
Washington D.C. – Vermutet hatten es Fachleute schon länger, nun scheint es auch schwarz auf weiß vorzuliegen: Weil die Entwicklung der Riesenrakete „Starship“ von SpaceX nicht schnell genug verläuft, könnte die nächste Mondlandung der USA weiter nach hinten verschoben werden. Bisher plant die US-Raumfahrtorganisation NASA, dass frühestens Mitte 2027 wieder Menschen ihre Füße auf den Boden des Mondes setzen sollen. Für „Artemis 3“ setzt die NASA auf ein modifiziertes „Starship“ von SpaceX.
Doch ein internes SpaceX-Dokument, aus dem das US-Politikmagazin Politico berichtet, soll zeigen, dass das Unternehmen von Milliardär Elon Musk die erste Mondlandung mit dem „Starship“ erst für Juni 2027 plant – zu diesem Zeitpunkt wird noch keine Crew zum Mond befördert werden. Die früheste Mission mit Menschen an Bord könnte laut dem Dokument im September 2028 stattfinden, berichtet Space.com unter Berufung auf Politico.
NASA ist auf SpaceX angewiesen – und Elon Musks Unternehmen ist „im Rückstand“
Richtig überraschend kommt die Verzögerung nicht, denn bereits in den vergangenen Jahren hatten immer wieder Fachleute – darunter auch NASA-Vertreter – öffentlich Bedenken über SpaceX‘ Fortschritte geäußert. „Das Problem ist, sie sind im Rückstand“, sagte der amtierende NASA-Chef kürzlich. Die Raumfahrtbehörde ist bei „Artemis 3“ auf SpaceX angewiesen: „Starship“ soll die Raumfahrenden vom Mondorbit zur Oberfläche und zurück bringen.
Die Gründe für die Verzögerung liegen in den enormen technischen Herausforderungen. SpaceX muss noch zentrale Fähigkeiten demonstrieren, die für die Mondmission unverzichtbar sind. Laut dem internen Dokument ist die erste Betankung im Orbit zwischen zwei „Starship“-Fahrzeugen für Juni 2026 geplant. Für die Mondlandung wird „Starship“ nach SpaceX-Schätzungen bis zu zwölf Mal im All aufgetankt werden müssen, um genug Treibstoff für Landung und Rückflug zu haben.
Im Jahr 2025 gab es allerhand Probleme in der „Starship“-Entwicklung
Besonders problematisch verlief das Jahr 2025 für die „Starship“-Entwicklung. Von fünf Testflügen scheiterten die ersten drei – jedes Mal ging die obere Raketenstufe verloren, entweder im Weltraum oder beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Erst die letzten beiden Starts am 26. August und 13. Oktober zeigten Erfolge und demonstrierten wichtige Fähigkeiten des Systems.
Die Verzögerungen stehen in deutlichem Kontrast zu SpaceX‘ öffentlichem Auftreten. Während das Unternehmen spektakuläre Erfolge feiert – etwa das Einfangen einer zurückkehrenden Raketenstufe mit mechanischen Armen am Startturm – und Chef Elon Musk von einer Million Menschen auf dem Mars in 20 Jahren spricht, kommt SpaceX bei seinem wichtigsten NASA-Auftrag nicht voran.
Offiziell kennt die NASA die neuen SpaceX-Zeitpläne noch nicht
SpaceX hat die neuen Zeitpläne laut Politico noch nicht offiziell an NASA übermittelt, plant dies aber im Rahmen eines „integrierten Masterplans“ im Dezember. Das Unternehmen räumt ein, dass die Zeitlinie außerhalb des ursprünglichen NASA-Vertrags liegt und hofft, neue Vertragsfristen in Abstimmung mit der Raumfahrtbehörde festzulegen.
Eine Verschiebung auf 2028 hätte weitreichende Folgen. Die Vorgängermission „Artemis 2“, die Astronauten um den Mond herum führen soll, könnte laut aktuellen NASA-Plänen bereits im Frühjahr 2026 starten. „Artemis 1“ flog unbemannt im November 2022. Eine Verzögerung von „Artemis 3“ würde bedeuten, dass zwischen den „Artemis“-Missionen durchschnittlich mehr als zwei Jahre liegen – ein deutlicher Kontrast zum „Apollo“-Programm, das zwischen 1968 und 1972 alle 4,5 Monate eine Mission startete.
Die NASA erwägt laut Berichten bereits Alternativen, darunter eine vereinfachte „Starship“-Mission oder sogar den Verlust des SpaceX-Vertrags. Doch Alternativen sind rar: SpaceX ist derzeit der einzige Anbieter für das Mondlandesystem von „Artemis 3“. (Quellen: Space.com, eigene Recherche) (tab)