Russisches Einfallstor: Was der Verlust von Pokrowsk für den Ukraine-Krieg bedeuten würde

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Um Pokrowsk im Donbass wird seit vielen Monaten erbittert gekämpft. Der ukrainische Widerstand gegen die russischen Besatzer hat mehrere Gründe.

Pokrowsk – Seit mehr als einem Jahr versucht die russische Armee, Pokrowsk zu erobern. In der Stadt im Donbass toben erbitterte Kämpfe. Auch wenn immer wieder russische Streitkräfte in kleinen Gruppen eindringen, ist Pokrowsk noch nicht gefallen. Das ukrainische Militär leistet hartnäckig Widerstand. Denn die Stadt hat in zweierlei Hinsicht eine große Bedeutung.

Russische Truppen feuern bei Pokrowsk mit einem Mehrfachraketenwerfersystem auf ukrainische Stellungen.
Russische Truppen feuern bei Pokrowsk mit einem Mehrfachraketenwerfersystem auf ukrainische Stellungen. © IMAGO/Stanislav Krasilnikov

Pokrowsk war vor dem Ukraine-Krieg mit etwa 60.000 Einwohnern ein wichtiger Industrie- und Verkehrsknotenpunkt und entwickelte sich in den ersten Kriegsjahren zum wichtigsten logistischen Drehkreuz der ukrainischen Armee im Westen des Donbass. Über die Stadt liefen zentrale Versorgungslinien für die ukrainischen Truppen in der Region, was sie zu einem unverzichtbaren Element der Verteidigungsinfrastruktur machte.

Eroberung von Pokrowsk könnte Putin zu weiteren Offensiven im Ukraine-Krieg ermutigen

Auch wenn der logistische Stellenwert abgenommen hat, da laut einem Bericht der Zeitung Die Zeit inzwischen alternative Versorgungsrouten etabliert wurden, würde die Eroberung von Pokrowsk für Kremlherrscher Wladimir Putin den ersehnten Erfolg auf dem Schlachtfeld bedeuten. „Pokrowsk wäre der erste operativ-taktische Erfolg der russischen Besatzer seit der Besetzung von Awdijiwka. Über ein Jahr lang waren ihre Erfolge vorwiegend taktischer Natur. Angesichts der Verluste, des Zeitaufwands und der aufgewendeten Ressourcen ist dies eine Schande für eine so große Armee“, sagte der ukrainische Militärbeobachter Oleksandr Kowalenko der Nachrichtenagentur Reuters.

Fachleute sind der Meinung, dass die Eroberung von Pokrowsk Putin zu weiteren Offensiven in Richtung Kramatorsk, Slowjansk oder sogar in die Region Dnipropetrowsk ermutigen könnten. Pasi Paroinen, Analyst bei der finnischen Open-Source-Analyseorganisation Black Bird Group, sagte dem Kyiv Independent, dass russische Truppen die Offensive auf den etwa 50 Kilometer nordöstlich gelegenen Verkehrsknotenpunkt Kostjantyniwka intensivieren dürften. Auch um diese Stadt wird seit Langem erbittert gekämpft.

Der österreichische Kriegsexperte Tom Cooper glaubt, dass Russland dann wohl auch versuchen wird, das nördlich von Donezk gelegene Kramatorsk abzuschneiden. Putins Truppen könnten nach der Einnahme von Pokrowsk über Pavlohrad vorrücken, und zugleich aus Isjum im Norden vorstoßen.

Putin könnte Einnahme von Pokrowsk propagandistisch ausschlachten

Der militärische Erfolg wäre das eine. Die Eroberung der Stadt im Donbass könnte Putin propagandistisch ausschlachten. Putin-Sprecher Dmitrij Peskow sagte dem Spiegel zufolge, dass Kiew früher oder später Verhandlungen führen müsse, aber „aber aus einer viel schlechteren Position heraus“. Zugleich wäre der moralische Schaden für die Ukraine groß. Ähnlich wie Awdijiwka gilt Pokrowsk im Ukraine-Krieg als Symbol des ukrainischen Widerstands. (Quellen: Nachrichtenagentur Reuters, Kyiv Independant, spiegel.de, zeit.de)