Nach 20 Jahren Forschung jetzt im Supermarkt – was neue Apfelsorte "Pompur" kann

Für viele Menschen endet der Biss in einen knackigen Apfel mit geschwollenen Lippen und einer juckenden Nase. Von dieser allergischen Reaktion sind etwa 3,5 Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Dahinter steckt eine Kreuzallergie und damit eine Überreaktion des Immunsystems gegen bestimmte Proteine im Obst. Nun gibt es einen Hoffnungsschimmer für Apfelallergiker: Erstmals liegen in diesem Herbst offiziell allergikerfreundliche Äpfel in den Supermarktregalen. Vertrieben werden die beiden speziell gezüchteten Sorten unter dem Markennamen "Pompur".

Neue Äpfel sind zertifiziert allergikerfreundlich

Die neuen Sorten sind das Ergebnis jahrelanger Forschung an der Hochschule Osnabrück. "Von der Kreuzung bis zur Markteinführung hat es knapp 20 Jahre gedauert", erklärt Werner Dierend, der das Fachgebiet Obstbau an der Hochschule leitet. Bereits 2022 hatte die Europäische Stiftung für Allergieforschung beiden Sorten das ECARF-Siegel verliehen. Als erste Apfelsorten überhaupt erhielten die "Pompur"-Äpfel dieses offizielle Allergiker-Gütesiegel. Nach drei Jahren tragen die jungen Bäume der neuen Sorten nun genug Obst für den ersten großangelegten Verkauf im Einzelhandel.

Die ECARF-Zertifizierung bescheinigt Lebensmitteln wie dem "Pompur"-Apfel, aber auch anderen Produkten, Dienstleistungen und Umgebungen die Eignung für Allergiker. Grundlage dafür sind jeweils strengen Kriterien und Schwellenwerte, die durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat festgelegt und laufend aktualisiert werden. Nur wenn ein Produkt alle Kriterien und Werte nachgewiesenermaßen erfüllt, erhält es das Siegel. Denn nur dann kann davon ausgegangen werden, dass eine allergische Reaktion wirklich unwahrscheinlich ist.

Trotzdem raten die Forscher Apfelallergikern, sich vorsichtig an die neue Sorte heranzutasten. Um zu testen, ob der "Pompur" vertragen wird, können Betroffene den aufgeschnittenen Apfel beispielsweise vorsichtig an die Lippen halten. Bleibt das typische Kribbeln einer allergischen Reaktion aus, kann der Apfel in kleinen Stücken probiert werden.

Beide neue Sorten stammen aus dem "Alten Land"

Seit 15. November 2025 liegen die Früchte der aufwendigen Züchtung in den Ladenregalen. Welche Supermärkte die neuen Sorten genau anbieten werden, ist derzeit noch offen. Wer bereit ist sein Obst online zu bestellen, der bekommt "Pompur" auch direkt vom Erzeuger in der Anbauregion "Altes Land" südwestlich von Hamburg. Ein Apfelhof aus Jork in Niedersachsen vertreibt die neuen Sorten online für 6,65 Euro bis 7,47 pro Kilo. 

Beide Apfelsorten werden als saftig und knackig beschrieben. Die erste Sorte habe ein eher süßliches Aroma, die zweite Sorte sei ausgeglichen sauer und süß. In Online-Rezensionen zeigen sich Allergiker zufrieden mit dem Geschmack und der Verträglichkeit von "Pompur".

Hinter der Reaktion auf den Apfel steckt oft eine Kreuzallergie

Viele Betroffene leiden nicht an einer spezifischen Allergie gegen Äpfel, sondern an einer Kreuzallergie. Bei diesem Phänomen reagiert das Immunsystem auf zwei oder mehrere Allergene, die verschieden sind, sich in ihrer Proteinstruktur aber stark ähneln. Bei der Kreuzallergie mit Apfel reagiert das Immunsystem zum primär auf Allergene aus Gräser oder Pollen, meist in Form von Heuschnupfen. Weil einige Apfelproteine diesen Allergenen ähnlich sind, reagiert der Körper dann auch auf das Obst. Die typische Reaktion ist dann das sogenannte orale Allergiesyndrom (OAS):

  • Kribbeln im Mundraum oder auf Lippen und Zunge
  • Rötungen und leichte Schwellungen
  • Juckende Augen oder Nase

Mit steigenden Allergiker-Zahlen sind auch immer mehr Menschen von Kreuzallergien betroffen. Wer auf Birkenpollen reagiert, hat häufig auch bei Äpfeln und anderem rohen Kern- und Steinobst, Nüssen, Mandeln, Beeren oder Soja allergische Reaktionen. Auch Allergien gegen Beifußpollen, Hausstaubmilben, Latex oder Kiwis können Kreuzreaktionen hervorrufen. 

Da viele Allergene in der Schale stecken, sind die Beschwerden beim Verzehr von geschältem Obst oft geringer. In gegarter Form machen Apfel und Co. Allergikern dann meist gar keine Probleme, da die allergieauslösenden Proteine durchs Erhitzen verändert werden.

Alte Apfelsorten meist besser verträglich

Apfelallergiker reagieren häufig stärker auf neuere Züchtungen wie "Gala" oder "Golden Delicious". Als besser verträglich gelten alte Sorten, die traditionell mehr Polyphenole und weniger Allergene enthalten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) führt eine ausführliche Liste der Apfelsorten, die von Allergikern als verträglich und unverträglich gemeldet wurden. Bekannte alte Sorten, die als gut verträglich gelten sind: 

  • Boskoop bzw. Roter Boskoop
  • Goldparmäne
  • Gravensteiner
  • Kaiser Wilhelm
  • Pinova
  • Santana
  • Wellant