Die Kommunikation rund um die Feldjägerübung Marshal Power war dürftig. Der Schusswechsel in Altenerding ist ein tragisches Resultat davon. Am Ende steht eine Image-Katastrophe für Bundeswehr und Behörden. Kommentar
Ein Szenario wie aus einem schlechten Film: Feldjäger auf Übungsmission feuern mit Platzpatronen, die Polizei schießt scharf zurück. Am Ende trägt ein Soldat einen Streifschuss im Gesicht davon. Nur wenige Zentimeter fehlen zur Tragödie. Wenigstens hat die Schießerei von Altenerding keine Toten gefordert.
Das ist aber schon das einzig Gute an diesem Friendly Fire. Für das Ansehen deutscher Behörden – vom Verteidigungsministerium über bayerisches Innenministerium und Polizei bis hin zu Landratsamt und Kommunen – ist der Vorfall ein einziges Desaster. Wer schon vorher glaubte, dass die Ämter von Zuständigkeitswirrwar gelähmt und handlungsunfähig sind, sieht sich bestätigt.
Viele Fragen sind noch ungeklärt, die meisten davon drehen sich um die katastrophale Kommunikation von Bundeswehr und Behörden. Unbestreitbar scheint die Hauptverantwortung beim Verteidigungsministerium zu liegen. In einem dicht besiedelten Raum wie dem unseren muss die Öffentlichkeit einfach informiert sein, dass Männer in Tarnfleck und mit Gewehren im Anschlag durch ihre Heimat streifen.
Als Zeitung können wir sagen: Von der Bundeswehr haben wir keine Pressemitteilung erhalten, allerdings auch nicht von einer der 26 Gemeinden im Landkreis oder vom Landratsamt. Und OB Max Gotz und Landrat Martin Bayerstorfer können noch so sehr beteuern, dass ihre Verwaltungen nicht informiert waren – es gibt genug Hinweise, dass diese Aussagen nur teilweise haltbar sind. In der kommenden Woche könnte noch einiges über schmerzhafte Aufarbeitungsprozesse bekannt werden.
Neben dem Behörden-Klein-Klein gibt es aber noch einen großen politischen Totalausfall zu beklagen. Stichworte: Zeitenwende, Verteidigungsfähigkeit, Nachwuchsgewinnung.
Die Bundeswehr erweist sich rund um die Operation Marshal Power unfähig zu einem Mindestmaß an Kommunikation und Transparenz. Das Ergebnis ist eine absolute Image-Katastrophe. Dabei bräuchte die Truppe gerade in der aktuellen Debatte über Wehrpflicht und Zumutungen für deutsche Steuerzahler eine positive Erzählung. Wie sollen so junge Männer vom Dienst an der Waffe überzeugt werden?
Das Verteidigungsministerium hätte diese Übung mit hunderten Einsatzkräften in zwölf Landkreisen zu einer regelrechten PR-Kampagne auswalzen können. Auch unsere Redaktion hatte angefragt, ob ein Reporter mal Mäuschen spielen darf. Ein solcher Artikel hätte die Faszination von Kameradschaft, Abenteuer, Kriegsgerät und Großlogistik transportieren können. Doch die Reaktion auf diese wie auch weitere E-Mails war nichts als Schweigen. So gewinnt die Truppe keinen Kampf um die besten Köpfe.