Der Stadtrat beschließt nach intensiver Debatte nicht nur das Aus für die große Fußgängerzone, sondern auch, Radfahrer in der kleinen Fußgängerzone weiterhin zuzulassen – trotz Sicherheitsbedenken.
Freising – Die Fachvorträge waren detailreich, die Meinungen unterschiedlich, die Diskussion dennoch konstruktiv. Und dafür bedankte sich Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bei den Stadträten, als am Ende einer gut zweistündigen Debatte schließlich der Beschluss stand: Die Mehrheit des Gremiums möchte keine große Fußgängerzone.
„Es ist fantastisch, was wir hier geschaffen haben“: Mit diesen Worten eröffnete Reinhard Fiedler (FSM) die Diskussion. Und dennoch dürfe man sich überlegen, „ob schon alles gut ist, oder ob man es noch besser machen kann.“ Laut dem Vortrag von Innenstadtkoordinator Michael Schulze sei durch alle Maßnahmen in Freisings Innenstadt der motorisierte Verkehr bereits um 90 Prozent zurückgegangen. „Für den verbleibenden Rest hilft jetzt nur eine Bestrafung derer, die reinfahren, ohne es zu dürfen“, findet Fiedler, der an der kleinen Lösung festhalten wolle. Allerdings seien ihm die Radler in der Fußgängerzone „langsam auch zu gefährlich“.
Miteinander nur in der Theorie möglich
Mit der kleinen Lösung „bleiben wir auf halber Strecke stehen“, sagte Nicolas Graßy (Freising für alle). „Es sieht aus wie eine große Fußgängerzone, ist aber keine. Und das verwirrt die Menschen.“ Ein Miteinander aller Verkehrsarten im verkehrsberuhigten Bereich „sei nur in der Theorie möglich“. Und Ausnahmen für Arztpraxen in der Innenstadt „die gibt es in anderen Städten auch“. Graßy vermisste hier eine Debatte über Lösungsansätze. Werner Habermeyer sprach, bezogen auf den Ist-Zustand, vor allem in der Unteren Hauptstraße von einem „Lösungsansatz mit größten Schwachpunkten“, biete die derzeitige Variante doch keine nachhaltige Handhabe gegen „Elterntaxis, Poser, Abkürzer, Falschparker und Durchgangsverkehr“.
Peter Warlimont (SPD) erinnerte an die Intention der Neukonzeption der Freisinger Innenstadt aus dem Jahr 2014: Es sei damals darum gegangen, die Innenstadt wiederzubeleben. „In einem Prozess mit beispielhafter Beteiligung haben wir das Ziel einer attraktiven Innenstadt zu 100 Prozent erreicht.“ Und selbst die Punkte, die ihn jetzt noch sehr stören, „halte ich gerne aus, weil ich viel dafür gewinne“, sagte er.
Eine dringende Bitte hatte Nico Heitz: „Unabhängig davon, wie es heute ausgeht, müssen wir prüfen, ob wir es nicht schaffen, einen Bus anzubieten, der die Menschen zum Herzen unserer Stadt bringt.“ Denn seit dem Sommer wurde der Linienverkehr aus der kleinen Fußgängerzone verbannt.
Begeistert vom „richtig guten Ergebnis“ zeigte sich Jens Barschdorf (FDP). Die perfekte Lösung gebe es nicht, aber wenn man jetzt unbedingt ein Problem angehen wolle, dürften das nicht die restlichen Autofahrer sein, sondern die rasenden Radler. Durch die von Barschdorf initiierte Kampagne „Respekt“ zur gegenseitigen Rücksichtnahme „können wir Probleme verringern, ohne neue zu schaffen“. Auch Jürgen Mieskes (CSU) warnte vor der Gefahr durch Fahrradfahrer in der Fußgängerzone: „Die haben da fahrend nichts zu suchen.“ In Richtung der Befürworter der großen Lösung sagte er: „Politik funktioniert über Kompromisse und da sehe ich bei euch keinerlei Bereitschaft. Ihr fordert immer wieder dasselbe.“ Dem hielt Graßy entgegen: „Wenn du heute den Vorschlag ,große Fußgängerzone ohne Fahrradverkehr‘ einbringst, stimme ich sofort dafür.“
Fahrradfahrer als Frequenzbringer
„Wir brauchen den Radverkehr als Frequenzbringer, das dürfen wir nicht vergessen“, sagte Tobias Eschenbacher dazu, der das Gesamtkonstrukt als „bestmöglichen Kompromiss“ in einer Sache bezeichnete, „in der es kein richtig oder falsch gibt“.
Das Konzept, das vor mehr als zehn Jahren aufgestellt worden sei, „ist in die Jahre gekommen. Da müssen wir nochmal ran“, fand Emilia Kirner (ÖDP) als eine Befürworterin der großen Lösung. Die Mehrheit des Gremiums sah das anders und stimmte – trotz aller Vorbehalte den Radlern gegenüber und trotz anderslautender Empfehlung des Polizeichefs – für die kleine Fußgängerzone mit dem Zusatz „Fahrradfahrer frei“.