Der neue Fall aus Rostock dreht sich um Suizid, Internet-Foren und die Frage, wer auf dieser Welt noch zu retten ist. Ein Drama vom Feinsten.
Die Hilfe kommt zu spät: Beim Versuch, eine verzweifelte Teenagerin vom Suizid abzuhalten, fängt sich Polizist Volker Thiesler (Josef Heynert) selbst eine Kugel. Lara, die ihrem Vater eine Waffe geklaut hat, schießt sich kurz darauf in den Kopf. Der neue Rostocker „Polizeiruf 110: Tu es!“ startet dramatisch und bleibt es bis zum Schluss.
Mit zertrümmerter Hüfte leidet Thiesler still in der Klinik. Sein Pech: Für Krankenhausbesuche bleibt den Kollegen keine Zeit. Die Kommissarinnen Melly Böwe (Lina Beckmann) und Kathrin König (Anneke Kim Sarnau) gehen fieberhaft der Frage nach, ob Lara im Internet zum Selbstmord angestiftet wurde. Auch der junge, labile Leon chattete im Online-Forum „Hoffnung“, bevor er sich in der Straßenbahn ein Zufallsopfer suchte, eine Mutter und dann sich selbst tötete.
Jeder, das macht diese düstere Episode aus Rostock deutlich, hat hier sein Päckchen zu tragen. Allen voran der Lehrer Felix Lange (Sebastian Jakob Doppelbauer), der sich für junge Menschen einsetzt und als Einzelkämpfer isoliert an der Welt verzweifelt. Er steht im Fokus der Ermittlungen, die Böwe und König mit mentalem Ballast vorantreiben. Drehbuchautor Florian Oeller spinnt horizontale Handlungsstränge überraschend weiter und webt so ein neues Muster in diese feine Krimireihe. Es geht unter die Haut, wie Melly Böwe unter dem Kontaktabbruch der Tochter leidet, die nicht weiß, dass sie bei einer Vergewaltigung gezeugt wurde. Sie will endlich den Namen des Vaters wissen. Dass ihn ihre Mutter nicht, aber deren Vorgesetzter Röder (Uwe Preuss) sehr wohl kennt, sorgt für einen spannenden Twist.
Und auch Anneke Kim Sarnau liefert starke Szenen, in denen sie sich ihrem Vater annähert. Natürlich nie ohne ihr emotionales Kettenhemd, das sie vor Verletzungen schützen soll. Hilfe brauchen in diesem Krimi viele, nur retten lassen sich wenige. Regisseur Max Gleschinski findet eine intensive Bildsprache für den „Polizeiruf“, der trotz vieler Puzzleteile nie unübersichtlich wirkt.