Der türkische Außenminister Hakan Fidan warnt Griechenland. Erdogans Regierung kämpft um die Kontrolle von Gebieten und um Einfluss in der Region.
Ankara – Erneut gibt es Spannungen zwischen der Türkei auf der einen Seite und Griechenland und Zypern auf der anderen Seite. Grund dafür sind Gebietsstreitigkeiten, etwa in der Ägäis. „Das Problem in der Ägäis ist kein unlösbares Problem“, sagte der türkische Außenminister in einem Gespräch mit dem türkischen Sender Ülke TV. Vor allem die Seegrenzen in der Ägäis bleiben aber ein Problem.
„Die Küsten von Türkei und Griechenland in der Ägäis grenzen geografisch aneinander und liegen gleichzeitig gegenüber, was eine Abgrenzung erforderlich macht. Es ist eine grundlegende Regel des Völkerrechts, dass die Grenzen von Seegebieten zwischen benachbarten oder gegenüberliegenden Orten, an denen sich Seegebiete kreuzen oder zusammenlaufen, einvernehmlich festgelegt werden müssen“, schreibt das türkische Außenministerium unter Präsident Recep Tayyip Erdogan auf seiner Internetseite.

Türkei fürchtet Ausweitung von Seegrenze in Ägäis auf 12 km
Das griechische Parlament hatte am 20. Januar 2021 einer Ausweitung der Seegrenze im Ionischen Meer von sechs auf zwölf Seemeilen zugestimmt. Sollte Griechenland in der Ägäis eine Seegrenze von zwölf Seemeilen beschließen, hätte es fatale Folgen für die Türkei. Dann würden die Hoheitsgewässer in der Ägäis laut dem türkischen Außenministerium zu 70 Prozent und mehr Griechenland gehören. Ähnlich sieht die Türkei auf den Luftraum über der Ägäis sowie den Status einiger kleinerer unbewohnter Inseln in dem Meer nicht geklärt. Dort hatte es in der Vergangenheit immer wieder Provokationen beider Seiten mit ihren Kampfflugzeugen sowie ihrer Marine gegeben.
Laut Außenminister Fidan wolle die Erdogan-Regierung zwar den Streit mit dem NATO-Partner beilegen, aber „das Problem in Griechenland ist die Angst“. Die griechische Regierung fürchte bei einer Übereinkunft mit der Türkei die Menschen in Griechenland zu verärgern und dadurch ihre Macht zu verlieren. In der TV-Sendung schickte Fidan eine klare Botschaft an Griechenland. „Setzen wir uns zusammen und reden wir zivilisiert. Wenn ihr jedoch eine Sprache der Drohungen wählt, wird die Türkei das Fünfzehnfache davon erwidern“. Das sei aber „nicht nötig“.
Spannungen zwischen Türkei und Griechenland auch im Mittelmeer
Im Mittelmeer gibt es seit langem Spannungen. Griechenland und Zypern auf der einen Seite und die Türkei auf der anderen Seite beanspruchen dieselben Gebiete für sich und drohen einander. In Athen ist man wegen der immer wieder kehrenden Drohgebärden aus Ankara skeptisch. „Athen konnte die jüngste Erklärung des türkischen Außenministers Hakan Fidan kaum übersehen, wonach die Türkei ihre Beziehungen durch Diplomatie regelt, doch sollte die Diplomatie scheitern, werde das Militär die Verwaltung übernehmen“, schreibt die griechische Zeitung Ekathemirini. Zudem sei die Türkei über einige griechische „Maßnahmen“ verärgert. Dazu zähle etwa die Präsenz des amerikanischen Ölriesen Chevron südlich von Kreta, wo dieser kurz davor steht, nach Öl und Gas zu bohren.
Erdogan drohte in Vergangenheit Athen mit Angriff und Invasion
Die jüngsten scharfen Worte des türkischen Außenministers erinnern an die Worte von Präsident Recep Tayyip Erdogan im Januar 2022. Damals hatte Erdogan Griechenland gedroht, mit Raketen vom Typ „Tayfun“ anzugreifen: „Griechenland hat Angst vor unseren Raketen. Die Tayfun-Raketen können Athen treffen, sagt man. Das werden sie natürlich, wenn du nicht friedlich bleibst“, sagte Erdogan in einer Rede damals in Richtung des griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Erdogan hatte damals sogar mit einer Invasion gedroht: „Wir könnten eines Nachts plötzlich kommen“ und damit in Athen für Verärgerung gesorgt.
Zwischen beiden Ländern ist auch die geteilte Insel Zypern ein Problem, über die beiden Seiten immer wieder streiten. Die „Türkische Republik Nordzypern“ ist international nicht anerkannt, steht jedoch unter militärischem Schutz der Türkei. Dort waren die Menschen am Sonntag aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Die Wähler auf der türkisch-kontrollierten Seiten haben die Wahl unter sieben Kandidaten, unter ihnen auch Ersin Tatar. Sein stärkster Herausforderer ist Oppositionsführer Tufan Erhürman. Sollte keiner der beiden die absolute Mehrheit erreichen, wird eine Stichwahl am 26. Oktober stattfinden. Tatar steht der türkischen Regierung nahe. Dagegen steht sein Herausforderer Erhürman für eine föderale Lösung auf der Insel sowie eine Annäherung an die EU. (Quellen: Ülke TV, Ekathemirini, A Haber, Türkischen Außenministerium) (erpe)