1000 pro Woche: Leser diskutieren hitzig über Zuwanderungswelle aus der Ukraine

Die Zahl ukrainischer Schutzsuchender in Deutschland steigt deutlich an. Laut Behörden kommen inzwischen rund 1000 Menschen pro Woche – zehnmal so viele wie noch vor wenigen Wochen. Auslöser sind gelockerte Ausreisebestimmungen der Ukraine. Der Artikel dazu hat auf FOCUS online eine intensive Leserdebatte ausgelöst: Viele fordern strengere Regeln und verweisen auf die Belastung der Sozialkassen. Doch ganz so einfach ist die Situation nicht.

Verteilung der Meinung zu "Ukraine-Zuwanderung: Zwischen Belastung, Solidarität und Spaltung"
Insgesamt spiegelt die Debatte ein tiefes Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und Sorgen um die Stabilität der Sozialsysteme wider. FOCUS Online

Kritik an Zuwanderung und Regierung

Ein großer Teil der Leser lehnt die aktuelle Zuwanderungspolitik ab. Sie bezweifeln die Notwendigkeit, Ukrainer dauerhaft aufzunehmen, und werfen der Bundesregierung mangelnde Kontrolle und Überforderung der Sozialsysteme vor. Viele Kommentare stellen infrage, ob Kriegsflüchtlinge aus allen Teilen der Ukraine Schutz benötigen. Nach deutschem und europäischem Recht ist jedoch nicht allein die regionale Kampfzone entscheidend, sondern die individuelle Gefährdungslage und der humanitäre Schutzanspruch.

"In gerade einmal 10 % der Landmasse der Ukraine ist Krieg. Dazu hat die Ukraine eine niedrigere Bevölkerungsdichte als Deutschland. Da darf die Frage erlaubt sein, warum wir diese Leute überhaupt dauerhaft einreisen lassen. Auch hat das hiesige Busunternehmen mit dem Namen Sindbad noch kürzlich noch einmal zehn Busse erworben, die allesamt das Ziel Kyjiw tragen und nahezu ständig unterwegs sind. So schlimm kann es ja vor Ort nicht sein."  Zum Originalkommentar

"Kommen alle Schutzsuchenden nach Deutschland? Warum gehen sie nicht in ihre Nachbarländer, dann können sie schneller wieder in ihre Heimat."  Zum Originalkommentar

"Ich frage mich, was der Grund dafür ist, weshalb unsere Regierung diesen Missstand zulässt. Auch Politiker müssten erkennen, dass hier einiges falsch läuft. Auch wenn Deutschland eine Verpflichtung aus der Vergangenheit hat, Ukrainer werden in der Ukraine nicht verfolgt. Wenn alle aus der Ukraine flüchten, kann der Krieg morgen beendet sein."  Zum Originalkommentar

Streit um Sozialleistungen und finanzielle Belastungen

Viele Leser empfinden die Sozialleistungen für Geflüchtete als zu großzügig. Sie kritisieren, dass ukrainische Schutzsuchende aus ihrer Sicht bessergestellt würden als Einheimische und Rentner. Tatsächlich erhalten Ukrainer mit Aufenthaltstitel nach § 24 Aufenthaltsgesetz derzeit Bürgergeld, sofern sie vor dem 1. April 2025 eingereist sind. Neuankömmlinge sollen künftig nur noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten – die Änderung ist jedoch noch nicht abschließend gesetzlich beschlossen. Bis dahin bleibt die bisherige Praxis bestehen, was viele als Zeichen fehlender Konsequenz und Kontrolle in der Migrationspolitik werten.

"Nachdem die Kindergeldzahlungen für nicht arbeitende Ukrainer in Polen eingestellt wurden, ziehen sie weiter."  Zum Originalkommentar

"Frage: Ist das schöne Wetter hier der Grund oder die üppigen Sozialleistungen?"  Zum Originalkommentar

"Dadurch werden die Sozialsysteme noch mehr belastet, wann hört der Irrsinn endlich auf? Rückkehr der 1 Million Ukrainer wäre richtig."  Zum Originalkommentar

"Es hört nicht auf, Ukraine und nun auch Gaza - da ist Deutschland wieder ganz vorne dabei. Unterstützungsleistungen werden jetzt schon progressiv angeboten. Hier Kürzungen und die höchsten Abgaben für die Arbeitnehmer, also jene, die das alles finanzieren. Es ist unglaublich."  Zum Originalkommentar

Ruf nach strengeren Regeln

Zahlreiche Kommentare wenden sich kritisch gegen die Bundesregierung und bemängeln Widersprüche in der aktuellen Migrationspolitik. Viele fordern strengere Regeln. Häufig wird dabei das Grundgesetz herangezogen – mit dem Vorwurf, es werde überdehnt. Tatsächlich schützt Artikel 1 die Würde jedes Menschen als unantastbar, begründet jedoch kein allgemeines Aufenthaltsrecht. Das Asylrecht für politisch Verfolgte ist im Artikel 16a GG verankert. Die darüber hinausgehende Steuerung der Einwanderung liegt hingegen in der Verantwortung des Gesetzgebers und der politischen Entscheidungsträger.

"Und unsere Politiker schlafen und ändern nichts."  Zum Originalkommentar

"Wollte Merz nicht vor der Wahl mal die Migration eigentlich verringern ..."  Zum Originalkommentar

"Die ukrainische Regierung macht die Grenzen auf und erlaubt Ausreise. Deutschland schaut zu und nimmt alle Auswirkungen hin. Menschenrechte, Menschenwürde und Grundgesetz sind eben für die ganze Welt da. Die Väter des Grundgesetzes würden sich im Grabe drehen. Denn sie hatten solche Auslegung nicht angedacht."  Zum Originalkommentar

Kritik an Wehrpflicht, Ausreise und Kriegssituation

Mehrere Leser fragen, warum wehrfähige Ukrainer ausreisen dürfen. Seit Kriegsbeginn galt ein Ausreiseverbot für Männer von 18 bis 60 Jahren; seit August 2025 ist die Ausreise für 18- bis 22-Jährige wieder erlaubt, daneben bestehen Ausnahmen (etwa Krankheit, Studium). Die Aufnahme in Deutschland erfolgt über den EU-Schutz nach § 24 AufenthGund richtet sich nach EU-Vorgaben – nicht nach der ukrainischen Wehrpflicht.

"Hat das aufgehobene Ausreiseverbot damit zu tun, dass bald genug deutsche Soldaten für die Ukraine ausgelost werden können?"  Zum Originalkommentar

"So schlimm kann der Krieg in der Ukraine dann gar nicht sein, wenn man Personen im wehrfähigen Alter ausreisen lässt. Oder wie darf ich das verstehen?"  Zum Originalkommentar

"Nicht zu glauben, dass Selenskyj solch eine fatale Entscheidung trifft, lässt die ganzen jungen Männer ausreisen – wer soll dann noch an die Front? Das ist doch Wahnsinn, ein Anstieg um das Zehnfache. Wenn das noch fünf Jahre so weitergeht mit dem Krieg und wir jedes Jahr zehntausende ukrainische Männer hier aufnehmen, dann war’s das mit unserem Sozialsystem."  Zum Originalkommentar


Ironische Zustimmung 

Ein Teil der Kommentare klingt zunächst zustimmend, ist aber deutlich sarkastisch gemeint. Mit übertriebenen Aufrufen zu mehr Zuwanderung oder spitzen Anspielungen auf Solidarität machen Leser ihrem Ärger über die deutsche Flüchtlingspolitik Luft. Der Spott richtet sich gegen eine Politik, die sie als übermäßig großzügig und realitätsfern empfinden – und gegen eine Gesellschaft, die ihrer Meinung nach zu leichtfertig mit Steuergeld und Aufnahmeversprechen umgeht..

"Wir brauchen mehr Zuwanderung."  Zum Originalkommentar

"Macht hoch die Tür, das Tor macht weit!"  Zum Originalkommentar

"Deutschland sollte alle Ukrainer aufnehmen. Geld ist anscheinend genug vorhanden und die deutschen Bürger bejubeln das."  Zum Originalkommentar

Kritik an Sozialpolitik und Lage der Rentner

Ein Teil der Diskussion verbindet Migration mit sozialpolitischen Sorgen. Leser beklagen, dass Rentner und Pflegebedürftige zu kurz kämen, während für Geflüchtete ausreichend Mittel bereitstünden. Der Vergleich ist emotional aufgeladen, berührt aber reale Zielkonflikte der Sozialpolitik: Staatliche Leistungen für Schutzsuchende werden aus Steuermitteln finanziert, Renten dagegen aus Beiträgen. Die Verteilungsgerechtigkeit steht damit im Mittelpunkt der Kritik.

"Jetzt weiß ich, für was die Aktivrentner benötigt werden."  Zum Originalkommentar

"Herzlich willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dafür lasse ich mir doch gerne als Rentnerin noch etwas mehr Abgaben für Gesundheit aufbürden. Wie wäre es noch mit Rentenkürzungen. Die Ukraine ist so ein großes Land, warum bleiben sie nicht einfach dort? Aber unsere Regierung hat ein großes Herz und gibt gerne für Fremde – nur nicht für uns. Wir sind nur das eigene Volk."  Zum Originalkommentar

"Aber den Rentnern, die ein Leben lang gearbeitet haben, vorwerfen, dass sie Geld kosten."  Zum Originalkommentar

"Rente, Pflege klappt nicht mehr, monatlich 1000 neue Gründe dafür"  Zum Originalkommentar

Sonstiges

Manche Kommentare reagieren mit Spott auf die politische und gesellschaftliche Debatte. Sarkasmus über Steuerlast, Sozialstaat und politische Ohnmacht dient als Ventil für Frust. Zwischen den Zeilen steht das Gefühl vieler, dass der Staat überfordert sei – und dass Diskussionen über Zuwanderung, Krieg und Gerechtigkeit längst von Emotionen statt von Fakten bestimmt werden.

"Da sollte der Spitzensteuersatz für Arbeitnehmer aber sofort erhöht werden. Ich schlage vor 60 %! (Ironie Ende) Bitte alle in die alten Bundesländer schicken, die wollen das so haben!"  Zum Originalkommentar

"Ich habe nur noch 5 Worte übrig, ich habe die Schnauze voll."  Zum Originalkommentar

"Es reicht! Bei mir ist das Fass übergelaufen. Arbeite nur noch das Nötigste, sodass es für mich reicht, ohne jemanden auf der Tasche zu liegen, aber auch nicht Fremde mitversorgen muss."  Zum Originalkommentar

"Wenn ich Ukrainer wäre und es ein Land gibt, das so großzügig ist und mir alles bezahlt... nichts wie hin!"  Zum Originalkommentar

"Der durchschnittliche Lohn in der Ukraine liegt bei 460,- € im Monat. Also warum sollten die jungen Männer auf deutsche Geschenke verzichten, wenn sie zu Hause damit ein Vermögen aufbauen können."  Zum Originalkommentar

Fakten zur Zuwanderung von Ukrainern

Die Leserkommentare zur Ukraine-Zuwanderung fallen überwiegend kritisch aus. Viele empfinden die Aufnahme als Überforderung, zweifeln an der Notwendigkeit oder werfen der Regierung mangelnde Kontrolle vor. Die Daten zeichnen jedoch ein differenzierteres Bild: Laut Mediendienst Integration leben in Deutschland 1,29 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, davon 1,25 Millionen ukrainische Staatsbürger. Über 1,1 Millionen besitzen bereits einen Aufenthaltstitel nach § 24 Aufenthaltsgesetz und damit einen rechtlich klar geregelten Schutzstatus.

Von einer pauschalen "Dauerabhängigkeit" kann keine Rede sein. Rund 245.000 Ukrainerinnen und Ukrainer haben eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen, viele weitere befinden sich in Sprachkursen oder Ausbildung. Der von der Bundesregierung 2023 gestartete "Jobturbo" beschleunigte den Einstieg laut einer Studie des Immigration Policy Lab zusätzlich.

Dass noch nicht alle arbeiten, hat zum Teil nachvollziehbare Gründe. Über 80 Prozent der Geflüchteten sind Frauen, oft mit kleinen Kindern, viele besuchen Integrationskurse oder warten auf die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse. 

Die Bilanz fällt gemischt aus: Die Integration verläuft langsamer als politisch erhofft, aber schneller als bei früheren Fluchtbewegungen. Der rechtliche Rahmen ist klar, der Wille zur Teilhabe erkennbar. 

Diskutieren Sie mit: Sind die aktuellen Entwicklungen bei der Zuwanderung aus der Ukraine ein Plädoyer für mehr Solidarität – oder eine Belastungsprobe für das deutsche Sozial- und Gesellschaftssystem? Wie sollte die Politik aus Ihrer Sicht künftig mit solchen Zuwanderungswellen umgehen?

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.